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Transkulturelle Wissensproduktion im südlichen Andenraum. Räumlichkeit, Materialität und die Konstruktion sakraler Topographien im Kontext kolonialer Herrschaft. Sajama und Sabaya, 16.-19. Jh.

Antragstellerin Dr. Astrid Windus
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 433073944
 
Das Projekt versteht sich als ein Beitrag zur transkulturellen Wissensgeschichte. Sein Schwerpunkt liegt auf der wissenshistorischen Bedeutung lokaler indigener Epistemologien und ihrer transkulturellen Verflechtungen mit hegemonialen, d.h. christlich-europäischen Wissensordnungen. Mit Bezug auf die beiden im Hochland des heutigen Bolivien gelegenen Ortschaften Sajama und Sabaya analysiert es Dynamiken religiöser Wissensproduktion im Kontext von Christianisierung und kolonialer Herrschaft zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert. Im Mittelpunkt steht dabei die Produktion neuer, transkultureller Formen religiösen und kosmologischen Wissens. Dieses ist im gesamten Andenraum stets räumlich und geographisch verortet und hängt untrennbar mit der lokalen Konstruktion sakraler Räume und Topographien zusammen. Dem Phänomen wird zunächst allgemein durch die Entwicklung eines theoretischen Modells zur Erforschung sakraler Räumlichkeit begegnet. Im zweiten Schritt dient dieses Modell als Instrument zur mikrohistorischen Untersuchung der beiden Fallstudien. Sie analysieren die bedeutungsgebende Interaktion zwischen den lokalen Akteuren, der sie umgebenden sakralisierten Topographie und den Artefakten und Architekturen (z.B. Grabtürme/Kullpas, Kultstätten/Wak'a, Kirchen, Kapellen etc.), die Teil des sozialen und religiösen Raumes sind. Als "epistemische Objekte" waren sie an der Produktion, Erhaltung und (Re-)Konfiguration religiösen und kosmologischen Wissens beteiligt. Die Quellen, die aus schriftlichen und nicht-schriftlichen materiellen Überlieferungen sowie ethnographischen Interviews bestehen, werden mit Hilfe eines Geographischen Informati-onssystems (GIS) erfasst, zusammengeführt und in Beziehung gebracht zum geografischen Raum, in dem sie artikuliert wurden (Georeferenzierung). Dem theoretisch-methodischen Ansatz des Deep Mapping folgend, werden auch nicht explizit geografische Daten wie Ikonographien, Erzählungen, rituelle Praktiken usw. geohistorisch verortet. Ziel des Projekts ist es, mit einem solchen räumlich-relationalen Modell dem linearen wissenshistorischen Narrativ traditioneller Historiographie entgegenzuwirken und die Dynamik und Komplexität der transkulturellen Wissensproduktion auch jenseits der schriftlichen Tradition erfassen zu können. Als Ergebnis dieses Ansatzes wird eine dynamische, webbasierte Deep Map sakraler Räumlichkeit und religiösen Wissens um Sabaya und Sajama erstellt und veröffentlicht. Sie soll die transkulturellen Dimensionen religiöser und kosmologischer Wissensproduktion und -zirkulation sowie die Bedeutung lokaler Epistemologien und ihrer Verflechtungen mit hegemonialen Wissensordnungen über längere Zeiträume sichtbar machen. Mit dieser Karte leistet das Projekt einen innovativen Beitrag zu den Digital Humanities und erleichtert den Transfer akademischen Wissens auch an die nichtakademische Öffentlichkeit, insbesondere an diejenigen Gemeinschaften, mit derem kulturellen Erbe sich die Studie beschäftigt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Bolivien, Chile
 
 

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