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Scheitern des Wissens / Wissendes Scheitern

Antragstellerin Dr. Katharina Motyl
Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung Förderung von 2019 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 433134351
 
Scheitern und Aspekte des Wissens sind untrennbar miteinander verbunden. Die Annahme, dass Wissen sozial konstruiert ist, und dass seine Zirkulation von Machtstrukturen abhängt, legt die Frage nahe, wie und warum wir wissen, dass jemand gescheitert ist. Das Konzept des Scheitern (und die Selbstidentifikation als ‚gescheitertes Individuum’) setzt spezifische Epistemologien voraus, die ihrerseits von sozialen, kulturellen, politischen und ökonomischen Prozessen hervorgebracht wurden. Folglich ist die Hypothese dieses Netzwerks, dass Wissen bezüglich der Formierung von 'gescheiterten Individuen' und bezüglich der Rhetorik, auf der das binäre Paar Erfolg/Scheitern basiert, eine Rolle spielt. Wissen kann Scheitern sowohl vorbeugen als auch katalysieren: Fehlender Zugang zu Wissen kann sich negativ auf die soziale und ökonomische Teilhabe auswirken, während die Strukturen und Systeme des Wissens zur Produktion von Normen und Hierarchien beitragen, die Menschen mit bestimmten Subjektpositionen als gescheitert disqualifizieren (z.B. Heteronormativität). Gleichzeitig kann das subversive Wissen jener, die als gescheitert betrachtet werden bzw. sich selbst als gescheitert betrachten, besonders erkenntnisreiche Einblicke in eine hegemoniale Ordnung hervorbringen, und stellt auch ein wichtiges Reservoir für Formulierungen von Alternativen zu ebenjener hegemonialen Ordnung dar. Das Wissen um das eigene Scheitern kann auch zur Quelle des Widerstands und der Freude werden. Subversives und subalternes Wissen kann also soziale Strukturen und hegemoniale Diskurse auf produktive Art herausfordern. Die Produktion von 'Wissen von unten' findet dabei häufig in sozialen Praktiken und medialen Genres statt, die traditionell nicht als Generatoren von Wissen wahrgenommen wurden (z.B. Popkultur oder implizites Wissen). Zusätzlich zur Untersuchung der Wirkmächtigkeit von Wissen im Hervorbringen von Scheitern und des Wissens 'gescheiterter Individuen' widmet sich dieses Netzwerk auch der Erforschung des Scheiterns von Wissen. Im gegenwärtigen politischen Moment ist das Ideal des Wissens als rational und universell, das in der europäischen Aufklärung verankert ist, Kritik unterschiedlicher Provenienz ausgesetzt: So hat beispielsweise das Erstarken der Alt-Right zur Einleutung des 'postfaktischen Zeitalters' beigetragen, in welchem xpertenwissen und etablierte Modi der Wissensproduktion ignoriert oder geleugnet werden (Stichwort: Klimawandelleugnung). Etablierte Modi der Wissensproduktion werden aber auch von jenen als gescheitert angesehen, die westliche Epistemologien und Wissensinstitutionen zu dekolonialisieren suchen. Das Netzwerk soll auch eine selbst-reflexive Komponente beinhalten, indem die Mitglieder ihre Forschungsergebnisse nicht nur auf traditionellen Wegen einem Fachpublikum, sondern auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen (Stichwort: Public Humanities).
DFG-Verfahren Wissenschaftliche Netzwerke
Mitverantwortlich(e) Professorin Dr. Regina Schober
 
 

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