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Die Mozaraber. Kulturelle Identität zwischen Orient und Okzident

Subject Area Medieval History
Term from 2007 to 2013
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 43373264
 
Final Report Year 2012

Final Report Abstract

Das Projekt "Die Mozaraber - Kulturelle Identität zwischen Orient und Okzident" zielte auf die Entwicklung eines definitorischen Neuansatzes für das Phänomen des "Mozarabertums", auf dessen Basis die Zusammenführung der vielfältigen einzelfachlichen Forschungen zum Thema möglich werden soll. Die doppelte Analyse sowohl der mittelalterlichen Begriffsgeschichte des Mozarabernamens als auch der widersprüchlichen Kategoriebildungen in der aktuellen Mozaraberforschung zeigte jedoch, dass eine Synthese der divergenten Zugriffe auf Grundlage traditioneller Theoriemodelle zur kulturellen Identitätsbildung nicht möglich ist. Ausgehend von den Fragestellungen und Ergebnissen vier fachgebundener Einzelforschungsprojekte aus den Bereichen der Mittelalterlichen Geschichte, der Mittellateinischen Philologie und der Arabistik konnte die Projektgruppe ein neuartiges Paradigma zur Erfassung und Analyse identitärer Selbstpositionierungen in polyvalenten kulturellen Sinn- und Deutungsrahmen entwickeln, das nicht nur geeignet scheint, die Aporien der bisherigen Mozaraberforschung fruchtbar aufzulösen, sondern allgemein für die Untersuchung kultureller Kontakt- und Hybridisierungsphänomene von Nutzen sein dürfte. Methodisches Fundament diese neuen Paradigmas sind vor allem drei kulturwissenschaftliche Theoriekonzepte, die bislang in der Mozaraberforschung keine Beachtung gefunden hatten: Erstens die Aufgabe essentialistischer Kulturkonzepte zugunsten transkultureller Modelle, zweitens die Annahme rhizomatischer statt dichotomer Organisationsformen von kulturellen Wissensvorräten und Ordnungssystemen sowie drittens ein kultursemiotisches Verständnis von "Mozarabismen" als identitäre Zeichen in sozialen Kommunikationsprozessen. Die Entwicklung dieses theoretischen Modells erfolgte maßgeblich auf der Grundlage der Ergebnisse aus vier Detailstudien, die sich mit komplementären Aspekten des mittelalterlichen "Mozarabertums" auf der Iberischen Halbinsel befassten: Zwei philologische Forschungsarbeiten aus der Mittellateinischen Philologie und der Arabistik untersuchten jeweils die Frage nach theologisch-exegetischem Sondergut der Mozaraber und zielten damit auf eine kritische Überprüfung religiöser Identitätsmarker des "Mozarabertums". Beide Projekte konnten die andalusischen Christen sowohl in ihren lateinischen wie in ihren arabischen Überlieferungen als eigenständige "textual community" erweisen, deren identitäre Selbstpositionierung aber nicht in dichotomen Kategorien "zwischen Christentum und Islam" erfolgte, sondern als transkulturelle Verflechtung verschiedener Wissensordnungen zu verstehen ist: Die Textstrategien im biblisch-theologischen Schriftgut lassen deutlich Prozesse der Angleichung wie der Distanzierung nicht nur gegenüber der Kultur und Religion des Islam, sondern gerade auch gegenüber christlichen Traditionen aus dem fränkischen wie dem orientalischen Christentum erkennen. Die Ergebnisse erweisen damit am konkreten theologiegeschichtlichen Beispiel die kulturelle Profilbildung der "Mozaraber" als transkulturelle Verflechtung, die sich dichotomen Ordnungskategorien entzieht. Analoge Ergebnisse erzielten auch zwei geschichtswissenschaftliche Forschungsprojekte, die sich den Ausdrucksformen eines "Mozarabertums" im christlichen Umfeld des Iberischen Nordens widmeten. Die Untersuchung der "mozarabischen" Stadtgemeinde Toledos auf Grundlage ihrer arabischen Urkundenproduktion im 11.-14. Jahrhundert zeigte deutlich die Permeabilität kultureller Identitätsgrenzen sowie die situative Funktionalität von "Mozarabismen" für die Selbstverortung von Individuen in den kulturell vieldeutigen Ordnungskonfigurationen der städtischen Gesellschaft. Diese Polyvalenz kultureller "Mozarabismen" bestätigte auch die Untersuchung "mozarabischer" Traditionen in monastischen Kontexten Nordspaniens, die zum einen selbst in ihren direkten Bezugnahmen auf den Islam und seine Lebenswelt relative Deutungsoffenheit aufweisen und zum anderen permanent einer dynamischen Semantisierung und Re-codierung unterlagen. Die Ergebnisse aller vier Detailstudien lösen damit das traditionelle Verständnis des "Mozarabertums" als einer distinkten kulturellen Identität auf und machen "Mozarabismen" als situativ funktionale und wandelbare Akkulturationsstrategien im Überschneidungsraum konkurrierender kultureller Ordnungssysteme verstehbar.

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