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Dynamische Eigenschaften von Kompassneuronen im Gehirn von Bienen

Fachliche Zuordnung Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 436624328
 
Eine Grundvoraussetzung für die erstaunlichen Orientierungsleistungen, die viele Tiere zeigen, ist die Fähigkeit, ihre Bewegungsrichtung in Bezug zu einem externen Referenzsystem zu setzen. Neurone im Gehirn, die diese Leistung vollbringen, heißen Kopfrichtungszellen (bei Säugetieren) oder Kompassneurone (bei Insekten). Jedes Kompassneuron signalisiert einen bestimmten Winkel zwischen dem Tier und einem externen Bezugssystem – bei Insekten dem Polarisationsmuster des Himmels, dem Azimut von Sonne oder Landmarken. Die Vorzugsrichtung des Neurons, also der Winkel zwischen Tier und Stimulus, bei dem das Neuron die höchste Aktivität zeigt, wird üblicherweise bestimmt, indem ein Stimulus mit konstanter Winkelgeschwindigkeit langsam gedreht wird. Dies soll eine Drehung des Tieres unter einem natürlichen Himmel nachahmen. Solche Reize vernachlässigen jedoch die dynamischen Merkmale der natürlichen Bewegung. Fliegende und laufende Insekten ändern ihre Flugrichtung nicht kontinuierlich, sondern abrupt mit hoher Winkelgeschwindigkeit während sogenannter Sakkaden, die sich mit Abschnitten reiner Vorwärtsbewegung abwechseln. Es ist bisher unbekannt, wie Insektenkompassneurone Himmelskompasshinweise mit natürlicher Bewegungsdynamik kodieren.Mit intrazelluläre Ableitungen von Kompassneuronen aus dem Zentralkomplex der Hummel konnten wir zeigen, dass der Polarisationswinkel, der zur stärksten Erregung führt (Vorzugsrichtung), keine statische Eigenschaft der Neurone ist, sondern stark von drei Parametern beeinflusst wird: 1. Drehrichtung und 2. Winkelgeschwindigkeit des polarisierten Lichts, 3. vorheriger Aktivitätszustand des Neurons (erregt oder gehemmt). Änderungen dieser Parameter führen zu Verschiebungen der Vorzugsrichtung von bis zu 60 °. Dies wirft die Frage auf, wie ein solches System das Tier zuverlässig über seinen aktuellen Kurs informieren kann. Um diese Frage zu beantworten, müssen wir die Dynamik der neuronalen Reaktionen präzise verstehen.Ziel dieses Projektes ist es daher zu charakterisieren, wie die Geschwindigkeitsdynamik von Himmelskompassreizen die Antworteigenschaften von Kompassneuronen im Zentralkomplex von Hummeln beeinflusst. Wir werden Himmelskompassstimuli wie polarisiertes Licht (das den Himmel darstellt) und einen unpolarisierten grünen Lichtpunkt (welcher die Sonne darstellt) mit einem weiten Bereich von Drehgeschwindigkeiten präsentieren. Dabei werden auch naturalistische Geschwindigkeitsprofile veröffentlichter Hummelflüge verwendet. Wir werden die Antworteigenschaften von Kompassneuronen in verschiedenen Stationen des Zentralkomplexnetzwerkes der Hummel als Funktion der Rotationsrichtung und der Rotationsgeschwindigkeit sowie die Auswirkungen der vorherigen neuronalen Aktivität charakterisieren. Die Ergebnisse dieser Studie werden dazu beitragen, zu verstehen, wie Kompassnetzwerke trotz stark variabler Dynamik ihrer Eingangssignale konsistente Richtungssignale erzeugen können.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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