Ontogenese, Kosten und Informationsgehalt sexuell selektierter Signale
Final Report Abstract
Das übergeordnete Ziel des Forschungsprogramms war es, am Beispiel der Lautstärke des Vogelgesangs zu untersuchen, wie sexuelle Signale im Tierreich eingesetzt werden. Die zwei Hauptfunktionen des Vogelgesangs sind die Revierverteidigung und das Anlocken von Paarungspartnern. Wir konnten zeigen, dass die Lautstärke des Gesangs bei vielen Singvogelarten stark zwischen verschiedenen Männchen variiert. Diese Lautstärkeunterschiede hatten einen unmittelbaren Einfluss auf die Gesangspräferenzen von Weibchen als auch auf die territoriale Aggression von rivalisierenden Männchen: lauter Gesang war besonders attraktiv für Weibchen, gleichzeitig löste er starke Aggression bei Männchen aus. Diese Befunde legen Nahe, dass die Gesangamplitude sowohl inter- als auch intrasexueller Selektion unterworfen ist. Die durchgeführten Untersuchungen konnten keine Hinweise darauf liefern, dass die Lautstärke des Gesangs die Körpergröße oder den Testosteronspiegel des singenden Männchens anzeigt. Im Gegensatz dazu konnten wir zum ersten Mal zeigen, dass die Gesangslautstärke die aktuelle Körperkondition des Sängers widerspiegelt. Dieser Zusammenhang lässt vermuten, dass lautes Singen durch metabolische Kosten beschränkt wird, allerdings konnten wir mit Hilfe hochauflösender respirometrischer Messungen nachweisen, dass die Produktion von lautem Gesang nicht mit wesentlichen metabolischen Kosten verbunden ist. Wir vermuten deshalb, dass Männchen in schlechter Kondition leiser singen, weil sie die erhöhten Kosten der sozialen Aggression nicht tragen können. Durch ihre Präferenz für lauten Gesang wählen Weibchen somit Männchen in guter Kondition, die mit rivalisierenden Männchen konkurrieren können. Interessanterweise übernehmen junge Singvögel während der frühen Gesangsontogenese die Lautstärke der Gesangselemente von ihren jeweiligen Tutoren, was bedeutet, dass die Amplitude durch die Mechanismen des Gesangslernens auf ein Ausgangswert gebracht wird, der dann kurzfristigen Schwankungen der Körperkondition unterliegt. Gleichzeitig konnten wir nachweisen, dass die Frequenz des Gesangs mit der Amplitude gekoppelt sein kann und so die Evolution und die Plastizität des Signals durch biophysikalische Kopplungen während der Lautproduktion beschränkt werden. Das neu erworbene Wissen des gesamten Projekts liefert wichtige Erkenntnisse über die natürliche und sexuelle Selektion von Signalen. Die Verhaltensökologie untersucht die evolutiven und ökologischen Aspekte des Verhaltens und versucht zu verstehen, wie Lebewesen ihr Verhalten an die Umwelt anpassen. Durch das Zusammenführen von physiologischen, verhaltensbiologischen und ökologischen Daten ist es uns gelungen, am Beispiel des Vogelgesangs zu zeigen, wie sexuell selektierte Signale an die abiotische und biotische Umwelt angepasst werden können. Dabei zeichnet sich ein komplexes Zusammenspiel aus sexueller und natürlicher Selektion ab, in dem die physikalischen Notwendigkeiten der Signalübertragung genauso zur Evolution von Einsatz und Struktur von Signalen beitragen wie das verlässliche Anzeigen von Qualität im Rahmen von Partnerwahl und der Konkurrenz unter Männchen.
Publications
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(See online at https://doi.org/10.1371/journal.pone.0043259) - (2012) Zebra finch song reflects current food availability. Evolutionary Ecology 26: 801-812
Ritschard, M. & Brumm, H.
(See online at https://doi.org/10.1007/s10682-011-9541-3)