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Abschied von ‚Hochwürden‘. Die Priesterkrise nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 410907407
 
Wer nach den Veränderungen und Kontinuitäten im 'Katholischsein' auf der Ebene der Semantik, der Praxis und der Emotionen fragt und dabei die Bundesrepublik der 1960er bis in die 1980er Jahre in den Blick nimmt, der kommt um die Gruppe der Priester nicht herum, im Gegenteil: Sowohl als Diskursfigur, als Akteur im Feld der Religionsgemeinschaft, als auch als Produzent und als Zuschreibungsobjekt für Emotionen waren Priester in der sakramental zentrierten Pastoral der katholischen Kirche zentral. Im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert war ihre Position zu einer 'Totalrolle' massiv aufgewertet worden, sowohl in ihren sakralen Bezügen wie auch mit Blick auf ihre pastorale Praxis: Umso einschneidender wurden die Veränderungen erlebt, die im Untersuchungszeitraum zu beobachten sind. Diese betreffen die Rollenzuschreibungen sowie Rollenerwartungen an den Klerus und seine Praxis. Vom ‚Glaubenszeugen‘ über den ‚Berater‘ zum ‚Krisenagenten‘ – die Bandbreite möglicher Selbst- und Fremdbilder weitete sich in diesen Jahren enorm. Besonders stark war und ist dieser Wandel mit Blick auf die Binnensicht dieser Gruppe wie auch hinsichtlich ihrer Abgrenzung und Zuordnung zu den Laien. Diesen Veränderungen, ihren Dynamiken und Folgen gehen wir in zwei Teilprojekten nach: „Priesterbild und Priesterausbildung“ (TP 1) wandelten sich seit den 1960er Jahren sowohl auf Grund von neuen theologischen Impulsen des II. Vatikanums wie auch in Reaktion auf die zeitgenössisch vieldiskutierte „Priesterkrise“. Auf dem Hintergrund der bundesdeutschen Entwicklung wird insbesondere am Beispiel der Bistümer Münster und München-Freising untersucht werden, wie sich Rekrutierung, Ausbildungspraxis wie auch die interne und externe Reflexion entwickelten. Die seit den 1960er Jahren entstehenden „Priester- und Solidaritätsgruppen“ stellten eine neue Form der bisherigen Selbstorganisation des Klerus dar. Sie dienten den dort zusammengeschlossenen Priestern als „Foren kirchlicher Selbstreflexion und klerikaler Kritik“ (TP 2). Mit der Diskussion um den Zölibat oder der Reflexion von Machtstrukturen innerhalb der Kirche griffen sie zentrale Diskussionspunkte auf und entwickelten diese in Abgrenzung, aber auch in Kooperation zu den Bistumsleitungen weiter. Parallel zu TP 1 werden auch hier auf dem Hintergrund der bundesdeutschen Entwicklung die Vorgänge in den Bistümern München-Freising und Münster exemplarisch untersucht. Mit der Analyse von Selbst- und Fremdbildern, des damit verbundenen priesterlichen Habitus und der in diesem Kontext praktizierten 'navigation of feeling' (William Reddy) schließt das Projekt an den die Forschungsgruppe tragenden Dreischritt Semantik-Praxis-Emotionen an.. Es vertieft die Frage nach dem 'Katholischsein' zwischen den 1960er und 1980er Jahren an einem zentralen Punkt und wird damit erheblich trägt zur gemeinsamen Diskussion und den Ergebnissen der Forschungsgruppe beitragen.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

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