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Die Verhandlung von Vorstellungen über Liebe und Sexualität in jugendliterarischer male/male slash fiction

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Historische Erziehungswissenschaft
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 438976018
 
In der geplanten Studie werden Ausdrucksweisen von Vorstellungen über Liebe und Sexualität untersucht. Erforscht wird das Thema anhand von online veröffentlichten fan fiction-Erzählungen, der Art, wie sie von AutorInnen präsentiert werden, und Reviews der LeserInnen, die diese literarischen Texte diskutieren. Das Sample umfasst Texte von Fans zum weltweit erfolgreichsten Bestseller der Kinder- und Jugendliteratur dieses Jahrtausends, der einen besonders hohen Anteil jugendlicher AkteurInnen annehmen lässt: J.K. Rowlings Harry Potter-Reihe. Darin wird das häufigste Liebespaar dieses fandoms fokussiert: Harry Potter und Draco Malfoy. Es gehört zum Subgenre male/male slash fiction, das schwule Beziehungen in der Vordergrund stellt und sich durch einen besonders hohen Anteil an weiblichen Autorinnen und Leserinnen auszeichnet. Viele dieser Texte überschreiten die Grenze von Liebesliteratur und Pornographie. Während Mädchen in der Forschung zu Jugend und Pornographie oft als wenig interessiert an (filmischer) Online-Pornographie dargestellt werden, könnte diese Untersuchung Hypothesen zu Spezifika des Konsums explizit sexuellen Materials durch Mädchen generieren, indem sie auch der Frage nach geschlechtlichen Inszenierungen in Äußerungen der Autorinnen, Leserinnen und den Erzählungen über Sexualität zwischen männlichen Figuren nachgeht. Das literarische Material wird im Anschluss an Bernfeld als Gegenstand der Jugendforschung verstanden – unter Berücksichtigung seines intertextuellen Charakters. Trotz des hohen Anteils an Jugendlichen findet slash fiction in einem intergenerationellen Raum statt, so dass eventuell auch Generationenkonflikte sichtbar werden. In der geplanten Studie wird exploriert, wie die Beteiligten in slash fiction um Bedeutungen von Liebe und Sexualität ringen und welche Formen, Stilmittel und Inhalte ihre Beiträge auszeichnen. Dies wird mit einer Weiterentwicklung der ideologiekritischen Inhaltsanalyse nach Ritsert umgesetzt, in der zusätzlich die literarische Form und affektive Reaktionen einbezogen werden und die verschiedenen Materialformen durch ein konstellatives Vorgehen zueinander in Bezug gesetzt werden: Das Innovative der geplanten Untersuchung ist ein Zusammenführen der in der bisherigen Forschung weitgehend getrennten Fokusse auf Ästhetik, Form und Inhalte von explizit sexuellem Material einerseits und andererseits auf die Involvierung von Jugendlichen und ihre Rezeption. Dabei wird rekonstruiert, wie sich die in dieser Form von Literatur ausgedrückten erotischen Phantasien und die Reaktionen darauf zu dem von der Sexualwissenschaft diagnostizierten kulturellen Wandel der Sexualmoral hin zu einer Verhandlungsmoral und den dazu gegenläufigen Tendenzen verhalten. Theoretischer Bezugsrahmen sind daher subjekt-, kultur- und gesellschaftstheoretische Ansätze, die das aktuelle und historisch entstandene Verhältnis der Menschen zu ihrer Sexualität diskutieren.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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