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Die akustischen und perzeptuellen Korrelate von Geschlecht in Kinderstimmen
Antragsteller
Professor Dr. Adrian Paul Simpson
Fachliche Zuordnung
Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 440882807
Bis zur Pubertät weisen Mädchen und Jungen kaum anatomische und physiologische Unterschiede in Larynx und Vokaltrakt auf. Trotzdem werden wiederholt geschlechtsspezifische Unterschiede in den Stimmen präpubertärer Kinder festgestellt, einige bereits ab einem Alter von zweieinhalb Jahren. In Hörexperimenten fällt zudem auf, dass manche Kinder schon in jungen Jahren besonders feminin oder maskulin klingen. Da die Konstruktion von Geschlecht und Geschlechterrollen immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist die Untersuchung der stimmlichen Ausprägung von Geschlecht nicht nur aus wissenschaftlicher, sondern auch aus gesellschaftlicher Perspektive von großer Relevanz. In diesem Projekt werden die perzeptuellen und akustischen Korrelate von Geschlecht in präpubertären Stimmen in einer Langzeitstudie untersucht. Dazu wurden bisher Sprachaufnahmen derselben Grundschulkinder zu vier Zeitpunkten (erste bis vierte Klasse, sechs bis zehn Jahre) angefertigt und es wurden verschiedene Perzeptionsexperimente durchgeführt. Im kommenden Vorhaben soll die Langzeitstudie fortgesetzt werden. Dieselben bisher aufgenommenen Kinder sollen auch in den weiteren Schuljahren (fünfte bis siebte Klasse) aufgenommen werden und es sollen weitere Perzeptionsexperimente durchgeführt werden. Da die Kinder in diesem Zeitraum bereits zwischen elf und dreizehn Jahren alt sind, ist es möglich, Sprachaufnahmen bis zum Pubertätsbeginn zu gewinnen. Ein solches Langzeitprojekt ist im deutschen Sprachraum einzigartig und wurde auch international nur selten durchgeführt. Mithilfe dieser longitudinalen Aufzeichnung können Einblicke in die natürlichen Veränderungen und Variationen der Stimme und Sprechweise von Kindern gewonnen werden, welche darüber hinaus mit psychologischen Dimensionen wie der selbstzugeschriebenen Geschlechterrollenorientierung der Kinder verknüpft werden. Die Fortsetzung der Aufnahmen bis zur Pubertät ermöglicht es, spezifische Auswirkungen der Pubertät auf die Stimme anhand einzelner Kinder zu untersuchen. Zudem lassen sich geschlechtsbezogene akustische und perzeptuelle Unterschiede im Verlauf der Zeit analysieren und in der Sprechtherapie für Kinder mit Geschlechtsdysphorie einsetzen. Nicht zuletzt können die Sprachaufnahmen als wertvolle Daten in der forensischen Phonetik genutzt werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen