Entwicklung der Badekultur in Pompeji: Stabianer Thermen

Antragstellerin Professorin Dr. Monika Trümper
Fachliche Zuordnung Klassische, Provinzialrömische, Christliche und Islamische Archäologie
Förderung Förderung von 2020 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 441747846
 

Projektbeschreibung

Die Ausprägung der Badekultur in der römischen Kaiserzeit wird in der Forschung seit langem umfassend untersucht. Die Vorläufer der spätrepublikanischen Zeit haben wenig Beachtung erfahren, obwohl mittlerweile im westlichen Mittelmeerraum über 20 Badeanlagen zumindest partiell freigelegt worden sind. So spielen Bäder in der aktuellen Debatte um die Expansion Roms im westlichen Mittelmeer sowie um Prozesse der Urbanisierung, des Kulturaustauschs, des Wissenstransfers und der Integration in der römischen Welt kaum eine Rolle. Die einzige Ausnahme bilden die Stabianer Thermen in Pompeji, die der Bauforscher Hans Eschebach 1979 monographisch publiziert hat. Er rekonstruierte für diesen Komplex ein bis heute einflussreiches kulturhistorisches Entwicklungsmodell: Auf dem Terrain der archaischen Altstadtmauer Mauer Pompejis sei im 5. Jh. v.Chr. eine griechische Palästra mit Badekomplex errichtet und nachfolgend in fünf bis in die frühe Kaiserzeit reichenden Phasen sukzessive in eine römische Badeanlage transformiert worden.Die Revision dieses zwar mehrfach kritisierten, aber nie neu untersuchten Entwicklungsmodells ist das Ziel eines Forschungsprojekts, das von 2015 bis 2018 vom EXC 264 Topoi gefördert wurde. Vier Kampagnen in den Republikanischen Thermen Pompejis und drei Kampagnen in den Stabianer Thermen haben zentrale Erkenntnisse für die Geschichte der Stadt und der antiken Badekultur geliefert: Beide Anlagen wurden erst in der 2. Hälfte des 2. Jh.v.Chr. als „typisch römische“ Bäder auf weitgehend unbebautem Terrain errichtet. Die Republikanischen Thermen wurden um 30/20 v.Chr. aufgelassen, die Stabianer Thermen dagegen bis zum Vesuvausbruch 79 n.Chr. dreimal umfassend modernisiert. Beantragt werden hier Gelder für eine vierte letzte Grabungskampagne in den Stabianer Thermen sowie für die Auswertung und zeitnahe Publikation dieser Anlage. Die Kampagne soll wichtige offene Fragen zur technologischen Ausstattung (Heiztechnik, Wassermanagement) und zum Verhältnis zwischen den Thermen und einem westlich benachbarten Haus klären. Bei der Auswertung sollen die Ergebnisse der Grundlagenforschung in den Stabianer (und Republikanischen) Thermen mit weiterführenden Fragestellungen verbunden und folgende Aspekte untersucht werden: Signifikanz und Perzeption der Thermen im Stadtbild; Bedeutung der Thermen für die gesellschaftliche und politische Entwicklung sowie kulturelle Prägung Pompejis; Kombination solide erforschter archäologischer Befunde mit mentalitäts- und kulturhistorischen Untersuchungen zur antiken Badekultur; und Relevanz der Bäder für aktuelle theoretische Diskurse zur Expansion Roms und ihren Folgen in der mittleren und späten Republik. Der holistische Ansatz des hier beantragten Projekts hat folglich zum Ziel, für die vernachlässigte historische Erforschung des Wandels der spätrepublikanischen und frühkaiserzeitlichen Badekultur verlässliche Daten zu liefern und für die Interpretation theoretische Modelle fruchtbar zu machen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen