Blick und Bewegungssteuerung - Koordinationsmuster
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Zielgerichteten Handeln im natürlichen Umfeld wird durch die kontinuierliche Koordination von Wahrnehmungs- und motorischen Prozessen bestimmt. Bei Handlungsaufgaben, wie z.B. beim Autofahren oder Kochen, bewegen Menschen ihre Augen, um sensorische Informationen über relevante Objekte zu sammeln und die motorische Kontrolle zu unterstützen. Im Projekt Blick und Bewegungssteuerung–Koordinationsmuster wurde in drei Experimenten die Koordination zwischen Auge und Hand in Situationen untersucht, in denen eine genaue visuelle Kontrolle—durch die Verfügbarkeit hoher Sehschärfe—zeitgleich an konkurrierenden Orten erforderlich ist. In der ersten Studie wurde die parallele Ausführung von einer Handlungsaufgabe (Greifen und Einführen eines Balls in eine Öffnung mittels Fingerspitzen oder Pinzette) und einer visuellen Wahrnehmungsaufgabe (Registrierung von Buchstabenwechsel) untersucht. Beim Greifen mit Fingerspitzen blickten Teilnehmende primär zur visuelle Aufgabe und kontrollierten die Handlung mit taktilen (und nicht visuellen) Signalen. Beim Greifen mit der Pinzette, schauten Teilnehmende in kritischen Momenten (Greifen und Einführen des Balls) von der Wahrnehmungs- zur Handlungsaufgabe, um den Handlungsablauf visuell zu steuern. Generell hing die Entscheidung, ob und wann zur Handlung geschaut wurde, von der zeitlichen Struktur der Wahrnehmungsaufgabe ab. Teilnehmende entschieden häufiger den Blick auf die Handlungsaufgabe zu richten, wenn sie die Wahrscheinlichkeit eines visuellen Events als gering einschätzten. In der zweiten Studie wurde eine bimanuelle Handlungsaufgabe untersucht, bei der jede Hand ein Objekt ergreift und in ein Ziel einführt. Hier zeigte sich, dass die intermanuelle Koordination, bzw. die Synchronisation zwischen den Händen, von der Blickfolge abhing. Wenn Teilnehmende erst beide Objekte, gefolgt von beiden Zielen betrachteten, bewegten sich die Hände zeitlich leicht versetzt, um die visuelle Kontrolle an aufeinanderfolgenden Handlungsorten zu ermöglichen. Wenn Teilnehmende hingegen erst das Greifen und Einführen eines Objekts visuell steuerten und dann das Greifen und Einführen des anderen Objekts betrachteten, bewegten sich beide Hände mit einer großen zeitlichen Verschiebung bzw. asynchron. Intermanuelle Koordination ist somit flexibel und hängt besonders davon ab, wo visuelle Kontrolle als nächstes benötigt wird. In der dritten Studie wurde das Abfangen mehrerer sich bewegender Objekte mittels eines virtuellen Schlägers untersucht. Anstatt mehrere Objekte gleichzeitig zu betrachten, verfolgten Teilnehmende einzelne Objekte, um sie erfolgreich abzufangen. Zudem wurden Objekte länger verfolgt, wenn das Abfangen mit einem kleineren Schläger erfolgte. Wenn gekennzeichnete Objekte vermieden werden mussten, verfolgten die Teilnehmenden „Vermeidungsziele“ weniger häufig und kürzer als „Trefferziele“, was auf eine effiziente Nutzung der Blickressourcen hinweist. Insgesamt unterstreichen meine Ergebnisse, dass in natürlichen Handlungsaufgaben das Blickverhalten motorische Prozessen unterstützt, indem Kontaktmomente wischen Hand und Umwelt visuell kontrolliert werden. Im Gegenzug können Handbewegungen so moduliert werden, dass der Blick zu kritischen Zeitpunkten an handlungsrelevanten Stellen zur Verfügung steht. Die Muster der Auge-Hand-Koordination passen sich demnach dynamisch an sich verändernde visuomotorische Anforderungen und Umweltstrukturen an.
Link zum Abschlussbericht
https://doi.org/10.17605/OSF.IO/DXNG2
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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The role of eye movements in manual interception: A mini-review. Vision Research, 183, 81-90.
Fooken, Jolande; Kreyenmeier, Philipp & Spering, Miriam
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Adaptive gaze allocation when manipulating and monitoring the environment in parallel. Program No. 2D-30. 31st Annual Meeting, Dublin, IR: Society for the Neural Control of Movement, 2022. Online. Conference Abstract
Fooken, J.; Johansson, R.S. & Flanagan, J.R.
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Adaptive gaze allocation when simultaneously manipulating and monitoring the environment. Journal of Vision, 22(14), 4388.
Fooken, Jolande; Johansson, Roland S & Flanagan, J Randall
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Perceptual-Cognitive Integration for Goal-Directed Action in Naturalistic Environments. The Journal of Neuroscience, 43(45), 7511-7522.
Fooken, Jolande; Baltaretu, Bianca R.; Barany, Deborah A.; Diaz, Gabriel; Semrau, Jennifer A.; Singh, Tarkeshwar & Crawford, J. Douglas
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The coordination of left-and right-hand movements when acting on separate objects is shaped by competition for gaze. Program No. 156.02/FF8. Neuroscience Meeting Planner. Washington, D.C.: Society for Neuroscience, 2023. Online. Conference Abstract
Fooken, J.; Zhu, T.; Piekkola, B.; Gallivan, J.P. & Flanagan, J.R.
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Adaptive Gaze and Hand Coordination while Manipulating and Monitoring the Environment in Parallel.
Fooken, Jolande; Johansson, Roland S. & Flanagan, J. Randall
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Coordination of bimanual movements when acting on separate objects is shaped by competition for gaze. Perception. Conference Abstract
Fooken, J.; Fooken, J.; Zhu, T.; Gallivan, J.P. & Flanagan, J.R.
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Rapid eye and hand responses in an interception task are differentially modulated by context-dependent predictability.
Fooken, Jolande; Balalaie, Parsa; Park, Kayne; Flanagan, J. Randall & Scott, Stephen H.
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Timing of eye and hand movements during reaching depends on functional demands of gaze. Journal of Vision, 24(10), 918.
Fooken, Jolande; Illamperuma, Nethmi H. & Flanagan, J. Randall
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Towards a functional understanding of gaze in goal-directed action. Journal of Neurophysiology, 132(3), 767-769.
Illamperuma, Nethmi H. & Fooken, Jolande
