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Wissenschaftliches Netzwerk zur interdisziplinären Erforschung von Predictive Processing in Gedächtnis und Wahrnehmung (PPiMP)

Antragstellerin Dr. Helen Blank
Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 442810744
 
Der Vorschlag, dass Erwartungsprozesse ein grundlegendes Prinzip der kognitiven Funktion bilden, hat eine lange Tradition in der Psychologie (von Helmholtz & Nagel, 1909). Im Wahrnehmungsprozess kombiniert das Gehirn demnach Erwartungen über die Umgebung mit sensorischen Signalen. Das derzeitige Interesse an der Erforschung neuronaler Prinzipien der prädiktiven Verarbeitung wurde durch die jüngsten Fortschritte in der Cognitive und Computational Neuroscience wiederbelebt. Es gibt eine lebhafte Debatte darüber, wie solche Vorhersageprozesse vom menschlichen Gehirn eingesetzt werden und wie sie in einer neuronalen Architektur implementiert werden (Aitchison & Lengyel, 2017). Predictive Coding-Theorien bilden einen einflussreichen Rahmen für diese Debatte (Rao & Ballard, 1999) und werden auch in der klinischen Forschung angewendet (Sterzer et al. 2018). Nach diesen Theorien sind Kognitionsprozesse hierarchisch organisiert: Höhere Ebenen verarbeiten abstraktere Informationen und niedrigere Ebenen konkretere sensorische Daten. Vorhersagen werden in dieser Hierarchie von höheren zu niedrigeren Ebenen top-down übertragen, während Vorhersagefehler bottom-up an höhere Ebenen weitergeleitet werden, um zukünftige Vorhersagen zu modifizieren und Fehler zu minimieren. Predictive Coding hat in verschiedenen kognitiven Bereichen, wie Wahrnehmung, Gedächtnis und Sprache, eine bedeutende Wirkung erlangt und wurde kürzlich als vereinheitlichende Theorie und globale kognitive Architektur für das Gehirn vorgeschlagen (Friston, 2010). Jedoch hat bisher wenig empirische Forschung mehr als einen kognitiven Bereich berücksichtigt. Infolgedessen werden aktuelle Modelle der prädiktiven Verarbeitung in verschiedenen Domänen unterschiedlich verwendet, z. B. als kognitive Modelle beim Lernen oder als neuronale Modelle bei der Wahrnehmung. Wie können diese unterschiedlichen Anwendungen zusammengeführt werden? Es sind spezifischere Theorien erforderlich, um zu erklären, woher relevante Erwartungen kommen und wie Erwartungen mit sensorischem Input kombiniert werden. Predictive Coding muss außerdem im Lichte alternativer Theorien getestet werden, wie beispielsweise Tuning, wonach erwartete sensorische Signale neuronal verbessert verarbeitet werden, ohne einen Rückkopplungsmechanismus für Fehler zu enthalten (Lee & Mumford, 2003). Das PPiMP-Netzwerk wird Nachwuchsforscher aus einer Vielzahl unterschiedlicher Bereiche (Wahrnehmung, Gedächtnis, Sprache und klinische Studien) zusammenbringen und das Fachwissen in der Vorhersageverarbeitung ergänzen, um diese Probleme anzugehen. Das Netzwerk verfolgt die folgenden drei Hauptziele: 1) Predictive Coding über kognitive Domänen hinweg und gegen alternative Theorien zu testen. 2) Stärkung von Open Science in der Forschungspraxis, z.B. durch Schaffung einer offenen Austauschplattform, und 3) Unterstützung junger Wissenschaftler auf dem Weg unabhängige Forscher zu werden, z. B. durch Vorbereitung gemeinsamer Drittmittelanträge.
DFG-Verfahren Wissenschaftliche Netzwerke
 
 

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