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Charakterisierung der Langzeitgedächtnisbildung für Erinnerungen an experimentelle, alltagsähnliche stressauslösende Erlebnisse auf der behavioralen und neuronalen Ebene - von der Enkodierung, über die frühe bis zur Langzeitkonsolidierung

Fachliche Zuordnung Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 443416333
 
Erinnerungen an Episoden unseres Lebens sind anfangs lebhaft und detailliert, wandeln sich jedoch mit die Zeit zu vagen und schematischen Repräsentationen. Unser Langzeitgedächtnis für stressvolle Erfahrungen erscheint dagegen präzise und detailliert wobei retrospektive Studien zu traumatischen Erinnerungen nahelegen, dass objektiv nicht mehr Details erinnert werden. Laut Konsolidierungstheorien geht diese Transformation von Erinnerungen mit einer Verschiebung entlang der hippocampalen Achse und zu kortikalem Gedächtnisabruf einher. Allerdings fehlen derzeit Studien über ausreichend lange Zeiträume, um diese Theorien rigoros zu prüfen. Bzgl. des Langzeitgedächtnisses für stressvolle Erlebnisse zeigt die einzige Tierstudie, dass diese länger detailliert und Hippocampus-abhängig bleiben, gegenteilig zu den retrospektiven humanen Berichten. Das Ziel der ersten Förderperiode bestand daher darin, die Langzeitgedächtnisbildung für neutrale und stressvolle Episoden von der Enkodierung über die frühe bis zur Langzeitkonsolidierung auf Verhaltens- und neuronaler Ebene zu charakterisieren. Das Gedächtnis für eine Reihe standardisierter, realer stressvoller und neutraler Episoden wurde dafür in einer 'Kontroll-' und einer 'Stress'-Gruppe von der Enkodierung und über die 8 folgenden Monate mittels Verhaltensmaßen, Eye-Tracking, Biometrie, Schlaf-EEG und fMRT verfolgt. Erste Ergebnisse zeigen eine Veränderung hin zu weniger detaillierten aber fehlerhafteren Erinnerungen, einhergehend mit einer Verschiebung hin zu präfrontalen und temporal-kortikalen Aktivierung. Während der Enkodierung von stressigen Episoden zeigte sich eine Aufmerksamkeitsverengung, in der folgenden Nacht längerer Tiefschlaf (impliziert mit Konsolidierung) und am nächsten Tag erhöhte Amygdala-Aktivität beim Erinnern. Auch nach 8 Monaten sind eine stärkere Beteiligung des Precuneus und mehr erinnerte introspektive Details in der Stress-Gruppe zu beobachten, konsistent mit erhöhter subjektiver Detailliertheit. Zusammenfassend zeigen unsere vorläufigen Ergebnisse deutlich, dass die Konsolidierung und Transformation der Erinnerungen begonnen haben, jedoch noch nicht abgeschlossen sind. Es wäre daher von großem theoretischem Interesse, den Verlauf der Konsolidierung dieser Erinnerungen länger zu verfolgen und so auch die Komplexität unserer Erinnerung für stressvolle Erfahrungen besser zu verstehen. Das Ziel des vorgeschlagenen Projekts besteht daher darin, auf dem einzigartigen und reichen Datensatz aufzubauen und die Erinnerungen der Teilnehmer bis 3 Jahre nach der Enkodierung zu verfolgen. Hierbei möchten wir nicht nur die Erinnerungen erneut auf Verhaltens- und neuronaler Ebene charakterisieren, sondern auch testen, inwieweit vergessene Details mithilfe potenter Erinnerungshilfen (Filmclips von der Enkodierung), wiederhergestellt werden können und ob die Konsolidierung dadurch umkehrbar ist. Diese Aspekte sind auch von Relevanz im Kontext von Zeugenaussagen und traumatischen Erinnerungen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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