Volksvertretung durch die Kamera und parlamentarische Kulturen – Parlamente und Fernsehen in Frankreich und Deutschland in den 1960er und 1970er Jahren
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die anvisierte vergleichende Kulturgeschichte der Parlamentsberichterstattung im frühen Fernsehen (1960er-1970er Jahre) in Frankreich und Westdeutschland konnte in der beabsichtigten Form aufgrund der langanhaltenden Probleme beim Zugang zu den audiovisuellen Quellen (Corona-bedingte Schließung der Fernseharchive) sowie den besonderen methodischen Herausforderungen nicht erfolgreich abgeschlossen werden. Die Arbeiten in den Fernseharchiven haben jedoch ergeben, dass schon für die 1950er und 1960er Jahre reiche Bestände an digitalisierten Aufnahmen vorliegen: in Frankreich vornehrnlich Nachrichtenbeiträge, diese allerdings vereinzelt schon seit den frühen 1950er Jahren und seit Ende der 1950er Jahre in beachtlichem Umfang. Für die Bundesrepublik liegt Material verschiedener Formate (Nachrichten, Magazine, Übertragungen) bereits seit Ende der 1950er Jahre in beachtlichem, ab den 1960er Jahren dann in ganz erheblichem Umfang vor. Die durchgeführten Studien lassen stark abweichende Konjunkturen der Parlamentsberichterstattung im frühen Fernsehen erkennen. Die Assemblée nationale hatte schon im Fernsehen der IV. Republik eine beachtliche Präsenz; gerade diese frühe Rolle scheint weitgehend vergessen zu sein. Darauf folgten während der ersten 10 bis 15 Jahre der V. Republik zwar vergleichsweise wenige, im "Regierungsfernsehen" der Zeit aber umso beachtenswertere Berichte, die als ein ungewöhnlicher Störfaktor im französischen politisch-televisuellen "Erfahrungsraum" der Zeit näher zu untersuchen wären. ln der BRD gab es hingegen einen Dreischritt von demokratie-didaktischen Marathonübertragungen der Jahre 1953-1958 über eìne restriktivere Phase hin zu einer fast völligen Freigabe für das Fernsehen ab dem zweiten Drittel der 1960er Jahre. Seither betrieben ARD und ZDF eine hochintensive Parlamentsberichterstattung. Der Bundestag hatte dabei nicht nur durch die Direktübertragungen einen wichtigen Platz in der politischen Fernsehgeschichte des "Zeitalters knapper Kanäle", sondern auch in der seit Ende der 1950er Jahre einsetzenden Berichterstattung in den Nachrichten und Magazinen.
