Detailseite
Projekt Druckansicht

Das letzte deutsche Kaiserpaar und sein Leibarzt: Wilhelm II. und Auguste Victoria im niederländischen Exil (1919-1924) im Spiegel der Tagebücher des Dr. med. Alfred Haehner (1880-1949) - ein Editionsprojekt

Antragstellerin Professorin Dr. Ute Planert
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 445509005
 
Ziel des Projektes ist die vollständige kommentierte Edition des Tagebuchs des Leibarztes Dr. Alfred Haehner (1880-1949), der den letzten deutschen Kaiser Wilhelm II. und seine Frau Auguste Victoria von 1919 bis 1924 ins niederländische Exil begleitete. Die Veröffentlichung dieser Quelle leistet einen Beitrag zur anhaltenden Diskussion um die Sympathien der Hohenzollern für den Nationalsozialismus und ihren Kampf um die Rückkehr der Monarchie; sie wird die bisher vernachlässigte Person und Wirkung der Kaiserin in den Fokus der Forschung rücken sowie die transnationalen und diplomatischen deutsch-niederländischen Beziehungen am Ende des Weltkrieges neu akzentuieren. Das fünfbändige Tagebuch Haehners, das den Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln im Jahr 2009 leicht beschädigt überstanden hat, ist eine der seltenen Quellen, die aus direkter Nähe den Hohenzollern'schen Exilhof in Amerongen und Doorn dokumentieren. Seine Einzigartigkeit ergibt sich aus der zwischen intimer Nähe und wissenschaftlich wie weltanschaulich begründeter Distanz oszillierenden Perspektive des Mediziners und Katholiken Alfred Haehner. Der Leibarzt dokumentierte teilweise detailliert in Form von Gesprächsprotokollen die politischen Äußerungen des Kaiserpaares wie des Kronprinzen und registrierte mit kritischer Skepsis die geschichtspolitischen Deutungen und konkreten monarchistischen Revisionsversuche der Hof-Gesellschaft. Da Haehner sein Tagebuch zugleich als Patientenakte nutzte, finden sich darin zudem intime Beobachtungen, die nicht nur die geschichtswissenschaftliche Beurteilung des Kaiserpaares beeinflussen werden, sondern auch für die Medizin-, Körper- und Geschlechtergeschichte der Monarchie im Exil fruchtbar zu machen sind. Die Publikation des Tagebuchs trägt damit zur Konturierung einer Geschichte der Nachkriegszeit in Deutschland ebenso wie zur Kulturgeschichte der Zwischenkriegszeit bei. Auch wenn das Tagebuch explizit nicht als Egodokument angelegt ist und der Autor auf autobiographische Bemerkungen weitgehend verzichtet, soll die Edition zusätzlich genutzt werden, dem Mediziner Alfred Haehner und seiner Frau Sophie, die beide angesehenen, die Stadtgeschichte prägenden Kölner Familien entstammten, biographische Aufmerksamkeit zu widmen. Die Geschichte des Nachlasses Haehners, der neben dem Tagebuch u. a. für die Tagebuchedition unentbehrliche Briefwechsel mit den Kindern des Kaiserpaares und Politikern der Weimarer Republik enthält, wird zugleich ein Stück bundesrepublikanischer Geschichtspolitik sichtbar werden lassen. Denn eine Herausgabe des Exil-Tagebuchs war schon einmal geplant, wurde aber aufgrund von Bedenken angesichts der kritischen Offenheit vieler Passagen wieder fallengelassen. Angesichts der engagierten Debatte anlässlich des aktuellen Rechtsstreites der Hohenzollern versus den Staat zielt die geplante hybride (gedruckte und digitale) Veröffentlichung des Haehner-Tagebuchs bewußt auf eine akademische wie breitere Öffentlichkeit.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung