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Behandlungsabbruch und Lebensschutz
Antragstellerin
Dr. Grischa Merkel
Fachliche Zuordnung
Strafrecht
Förderung
Förderung in 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 446840645
Die Arbeit behandelt sowohl strafrechtsdogmatische als auch rechtsethische Fragen des Be-handlungsabbruchs. Dabei wird nicht der übliche Ansatz verfolgt, den Behandlungsabbruch einer einzigen strafrechtsdogmatischen Konstruktion zuzuordnen, sondern es werden Fall-gruppen gebildet, die sowohl das Krankheitsstadium berücksichtigen, in welchem ein Be-handlungsabbruch vorgenommen wird, als auch die Verfassung des Patienten mit Blick auf seine Urteils- und Erlebensfähigkeit. Während also etwa bei erlebensfähigen, aber urteilsun-fähigen Patienten unter bestimmten Voraussetzungen ein Behandlungsabbruch aus Not-standsgesichtspunkten in Betracht kommt, wird der Behandlungsabbruch sowohl bei einem urteilsfähigen Patienten als auch bei einem vormals urteilsfähigen Patienten, der seinen Wil-len beispielsweise in einer Patientenverfügung zum Ausdruck gebracht hat, als Suizid unter Zuhilfenahme eines Arztes als eine Art Werkzeug verstanden. Dabei wird zum einen das akti-ve Element der Ausführung hervorgehoben als auch die neuere Rechtslage einbezogen, die den Arzt verpflichtet, nicht nur den Willen seines Patienten zu beachten, sondern auch eine Patientenverfügung umzusetzen. Besonders an diesem Model ist nicht nur der Ansatz, den Gedanken der mittelbaren Täterschaft heranzuziehen, vielmehr werden zur Sicherstellung der Ernsthaftigkeit des Patientenwillens auch die privilegierenden Voraussetzungen einer Tötung auf Verlangen so in das Konzept integriert, dass offensichtlich unvernünftige Patientenent-scheidungen entweder an den Patienten zurückdelegiert werden müssen oder jedenfalls nicht unmittelbar umzusetzen sind. Für Wachkomapatienten mit wahrscheinlich unwiederbringli-chem Bewusstseinsverlust wird wiederum ein gänzlich neuer Ansatz verfolgt, indem ihrem Körperschutz ein größeres Gewicht als ihrem Lebensschutz beigemessen wird. Der mutmaßli-che Wille dieser Patienten findet damit weiterhin einen schützenden Anknüpfungspunkt, al-lerdings wird herausgearbeitet, warum dieser in einem „postsensualen“ Zustand der Interpre-tation von nahestehenden Personen überlassen werden darf, ohne dass dies einen Schaden für den Patienten bedeutet.
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen
