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Moderne Expeditionen: Politik, Akteure und Epistemologien von Forschungsreisen seit dem 19. Jahrhundert
Antragsteller
Professor Dr. Christian Kehrt, seit 4/2022
Fachliche Zuordnung
Wissenschaftsgeschichte
Förderung
Förderung von 2021 bis 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 448536748
Expeditionen in die Tiefsee und zum Meeresboden, zu den Polen und in die Stratosphäre, in Wüsten und Regenwälder, zu Himalayagletschern und in den Weltraum verbinden räumliche Expansion und wissenschaftliche Fragen. Sie produzieren Bilder und Erzählungen, die Forscher*innen und dem Publikum die historischen Verhältnisse von Mensch, Zivilisation und Natur vor Augen führen. Solche Reiseunternehmungen führen in außereuropäische Räume, die unzugänglich, unerschlossen, gefährlich oder unbekannt sind bzw. scheinen. Oft sind diese Räume jedoch bewohnt, und westliche Reisende greifen auf das Wissen und die Arbeitskraft der Einwohner*innen zurück, bzw. machen diese selbst zu Untersuchungsobjekten. Zudem sind Forschungsexpeditionen heute vielfach Großforschung: Es sind enorme technische, logistische und finanzielle Anstrengungen notwendig, um Forscher*innen in die abgelegenen und extremen Umwelten zu bringen, um zahlreiche Daten zu erheben, zu verarbeiten und vielfältige multidisziplinäre Forschungsfragen zu verfolgen. „Expedition“ verweist so spätestens seit der Hochmoderne auf eine durchorganisierte, spezialisierte und oftmals hochgradig technisierte Unternehmung. Einer Vielzahl von historisch untersuchten Expeditionen steht ein Mangel an historischer Synthese gegenüber. Geschichtswissenschaftliche Gesamtschauen liegen bislang in Hinblick auf bestimmte Regionen bzw. Wissensbereiche vor. Durch die Konzentration auf drei thematische Zugänge werde Expeditionen als Teil der Neueren und Neusten Geschichte sowie der Zeit- und Globalgeschichte verstanden: Erstens werden wir die Technopolitik von Forschungsexpeditionen des 19. und 20. Jahrhunderts untersuchen. Mit „technopolitics“ bezeichnet Gabrielle Hecht, wie konkrete Formen und Praktiken von Technik, Wissen und Politik sich in wechselseitiger Abhängigkeit voneinander historisch ausgestalten. Zweitens werden wir Topoi und Narrative herausarbeiten, welche das öffentliche Bild von Expeditionen seit dem 19. Jahrhundert prägen und aus ihnen Medienereignisse machen. Drittens werden wir untersuchen, wie sich die historische Epistemologie von Forschungsexpeditionen gestaltet. Denn es ist weitestgehend ungeklärt, wie sich die Produktion von (wissenschaftlichem) Wissen, die Technikentwicklung und die erforschten Umwelten zueinander verhalten.Das Netzwerk strebt zwei Ergebnisse an: Erstens werden wir einen englischsprachigen Sammelband fertigstellen, der ein peer-review durchlaufen wird. Zweitens werden wir die im Netzwerk verankerten geistes- und sozialwissenschaftlichen Perspektiven mit außeruniversitären Institutionen ins Gespräch bringen. Dazu werden die Netzwerktreffen in Kooperationen durchgeführt: mit einem Forschungsinstitut, das Expeditionen durchführt bzw. durchgeführt hat (Deutsches Archäologische Institut Berlin), einem Archiv bzw. einer Bibliothek (Forschungsbibliothek Gotha) und einem Forschungsmuseum (Deutsches Schifffahrtsmuseum Bremerhaven).
DFG-Verfahren
Wissenschaftliche Netzwerke
Ehemaliger Antragsteller
Dr. Eike-Christian Heine, bis 3/2022