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Die Dynamik der Personenmarkierung: Ein konstruktionenbasierter Ansatz in historischer Mikrotypologie

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Angewandte Sprachwissenschaften, Computerlinguistik
Förderung Förderung von 2020 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 450135853
 
Mithilfe der grammatikalischen Kategorie der ‚Person‘ können wir Bezug nehmen auf die Rollen des ‚Sprechers‘ (erste Person), des ‚Adressaten‘ (zweite Person), ‚anderer‘ (dritte Person), und häufig auch auf Gruppen dieser primären Rollen (z.B. Plural-Personenformen). Traditionell gilt, dass Personenformen ungewöhnlich stabil sind und sich selten verändern. Die synchrone Typologie ist dabei in der Literatur gut abgedeckt, inbesondere in Hinsicht auf Personenparadigmen. Wir verstehen recht gut, wie unterschiedliche Typen von Personenmarkern funktionieren, so z.B. gebundene und freie Formen oder Personenmarker unterschiedlicher syntaktischer Rollen (S, A, O), etc. Wir wissen auch etwas über diachrone Entwicklungen, z.B. in welcher diachronen Beziehung unterschiedliche Paradigma zueinander stehen. Aber trotz der langen Forschungstradition ist eine wichtige Forschungslinie stark vernachlässigt: die diachrone Dynamik einzelner Personenmarker. Sprich, wie sich einzelne Personenmarker (und nicht ganze Paradigmen) verändern und wie dies innerhalb spezifischer grammatikalischer Konstruktionen passiert. Dieses Projekt bietet den ersten systematischen Ansatz zur Erforschung dessen, wie Personenformen sich mit der Zeit verändern können. Die Südzentral-Gruppe (SZG bzw. ‚Kuki-Chin‘) der Sino-Tibetischen Sprachfamilie eignet sich hierfür hervorragend. In dieser Gruppe von ca. 50 Sprachen zeigt sich eine bemerkenswert hohe Rate an Veränderungen. Dabei ergeben sich durch die Verwandtschaft dieser Sprachen labor-ähnliche Forschungsbedingungen: Viele Variablen können konstant gehalten werden, vom allgemeinen typologischen Profil über das phonologische Setting, bis hin zum Grundinventar an Konstruktionen und grammatikalischen Formen. Zusätzlich bietet die reichhaltige verbale Morphologie der SZG die overte Kodierung spezifischer Personenkonstruktionen, wodurch es möglich wird, die jeweiligen Entwicklungen im Detail nachzuvollziehen. Hierbei handelt es sich um bspw. anscheinend bidirektionale Shifts zwischen Inklusiv (1.+2. Person) und 2. Person; der Wandel von Plural- zu Inklusivmarkierung; von 2. Person zu Sprechaktpartizipant Objekt; oder die Evolution von Inversmarkern. Viele dieser Veränderungen in der SZG scheinen auch generell in den Sprachen der Welt vorzukommen, allerdings weniger häufig. Daher identifiziert dieses Projekt die generellen Faktoren, die Druck ausüben auf bestimmte Personenmarker in bestimmten Konstruktionen und zum Wandel führen können. Durch den Fokus auf die kompakte SZG wird es möglich, Variation systematisch zu untersuchen, sowohl diachron als auch synchron in spontanen Sprechdaten von Einzelsprachen. Dies stellt eine neue Perspektive dar in der Erforschung der Auswirkungen, die bestimmte Faktoren haben, wie etwa Tempus/Aspekt, Transitivität, Satzpolarität, oder (Sozio-)Pragmatik. Dadurch wird es möglich, ein tieferes Verständnis der Wechselwirkungen zwischen der Kategorie der ‚Person‘ und anderen grammatikalischen Kategorien zu erlangen.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

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