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‚Prekäre Theorie‘. Die intellektuelle Biografie der Germanistin, Kulturhistorikerin und Publizistin Hildegard Brenner (* 1927)
Antragsteller
Dr. Moritz Neuffer
Fachliche Zuordnung
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 450520228
Das Projekt widmet sich der intellektuellen Biografie der Germanistin Hildegard Brenner, die durch ihre wissenschaftlichen, journalistischen und publizistischen Aktivitäten die literatur- und kulturtheoretischen Debatten der 1960er und 1970er Jahre entscheidend mitprägte. Brenner leitete von 1964 bis 1982 die in Westberlin erscheinende Zeitschrift alternative, die mit Beiträgen zur materialistischen Ästhetik und zum französischen Strukturalismus, aber auch zur Literatur der DDR, des Exils und der Arbeiterbewegung bekannt wurde. Bis in die 1970er Jahre hinein war sie die einzige weibliche Herausgeberin eines intellektuellen Periodikums von überregionaler Bedeutung im deutschsprachigen Raum. Auf der Grundlage von Brenners umfangreichem persönlichen Vorlass, der im Jahr 2019 dem Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung übergeben wurde, erforscht das Projekt ihre Arbeiten im Hinblick auf zeitgenössische Transformationen von akademischer Wissenschaft und intellektueller Öffentlichkeit. Ausgehend von Brenners Alleinstellung als weiblicher Herausgeberin, als Mentorin für jüngere GeisteswissenschaftlerInnen um 1968 sowie als journalistischer Vermittlerin eröffnet das Projekt neue, geschlechter-, generationen- und mediengeschichtliche Perspektiven auf die Theoriegeschichte des 20. Jahrhunderts. Die Auseinandersetzung mit dem wissenschaftlichen und publizistischen Lebenslauf einer Akteurin, die aus „prekärer“ Randstellung heraus die Debatten ihrer Zeit beeinflusste, wirft Licht auf intellektuelle Praktiken und Repräsentationsverhältnisse, die in der bisherigen Forschung Leerstellen geblieben sind.Im Zentrum des Projekts stehen die weitreichenden Netzwerke, in denen Brenner operierte. Briefwechsel mit französischen TheoretikerInnen und mit SchriftstellerInnen aus der DDR finden sich in dem Vorlass ebenso wie Korrespondenz mit zahlreichen Verlagen, Zeitschriften und Rundfunkanstalten, für die Brenner Radiosendungen produzierte. Insbesondere die Bedeutung weiblicher intellektueller Netzwerke und Freundschaften soll anhand des Materials erforscht werden. So gab Brenner nicht nur die einzige deutschsprachige Publikation von Texten der lettischen Theaterschauspielerin und Regisseurin Asja Lācis (1891-1979) heraus, sondern bemühte sich auch darum, das Werk der Literatur- und Filmtheoretikerin Lu Märten (1879-1970) bekannt zu machen. Neben der Rekonstruktion und Erforschung solcher Arbeitsbeziehungen im Rahmen einer Monografie und weiterer Publikationen beabsichtigt das Projekt in Kooperation mit dem Deutschen Literaturarchiv Marbach die dauerhafte Sicherung des Archivbestands für die Forschung.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen