Detailseite
Das vor der Herbst-Wanderung gezeigte Flugverhalten bei einem Singvogel – Die räumlich-zeitliche Charakteristik und mögliche verzögerte Fitnesskonsequenzen
Antragsteller
Professor Dr. Heiko Schmaljohann
Fachliche Zuordnung
Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 451271063
Zugvögel wandern, um die saisonal fluktuierenden Ressourcen der Ökosysteme auszunutzen. Die alljährlichen Lebenszyklen, z.B. Brut und Wanderung, sind zeitlich aufeinander abgestimmt und an die aufgesuchten Ökosysteme angepasst. Zeitliche Abweichungen von diesem Muster können zu ungünstigen Bedingungen führen, z.B. Nahrungsmangel oder schlechtes Wetter. Diese Bedingungen können zu unmittelbaren Fitnesskonsequenzen (Tod) oder verzögerten Fitnesskonsequenzen (verminderter Reproduktionserfolg) führen. Daher ist es wichtig zu untersuchen, wann Vögel vom erwarteten zeitlichen Muster abweichen, um die Ursachen der Abweichung und die entsprechenden Folgen herauszufinden. Bisher wurde nur in einigen Studien untersuchten, ob und wie Veränderungen im Brutgebiet verzögerte Fitnesskonsequenzen zur Folge haben. Dies liegt daran, dass die Haupteigenschaften der Überwinterungsgebiete, d.h. der Aufenthaltsort und die Lebensraumqualität, durch Datenlogger und Fernerkundungsdaten beschrieben werden können, die Haupteigenschaften der Brutzeit, wie z.B. der Zeitpunkt des Brütens, die elterliche Investition in die Jungenaufzucht und die Vorbereitung auf die Wanderung, jedoch nicht. Die Vorbereitung auf die Herbstwanderung stellt den Übergang von dem stationären Lebenszyklus (Brut) zu dem mobilen Lebenszyklus (Wanderung) dar, währenddessen bedeutsame Veränderungen im Verhalten und in der Physiologie auftreten. So zeigte eine Studie, dass die tagaktiven Singvögel mehrere Stunden lang nachts umherflogen und anschließend wieder im Brutgebiet landeten. Vier mögliche Gründe für dieses Verhalten werden diskutiert: i) Das Üben des nächtlichen Fliegens für die Wanderung, ii) die Entwickelung von Orientierungsfähigkeiten, iii) das Erstellen einer Magnet-/Landschaftskarte und iv) das Üben der Bewertung meteorologischer Bedingungen. Zurzeit ist über die räumlich-zeitliche Ausprägung dieser nächtlichen Flüge vor der Wanderung nur wenig bekannt. Wir wissen nicht, ob deren Ausprägung den Start der Herbstwanderung und die Rückkehr in das Brutgebiet beeinflussen und somit verzögerte Fitnesskonsequenzen haben. Die genetische Grundlage der nächtlichen Flüge vor der Wanderung ist nicht erforscht. Um Teile dieser Lücken zu schließen, wird die Brutpopulation des Steinschmätzers (Oenanthe oenanthe) auf Norderney untersucht. Durch das bestehende Netz von Radioempfangsstationen in der Nordsee und Radiosendern mit einer Lebensdauer von > 1 Jahr würden die räumlich-zeitliche Ausprägung der nächtlichen Flüge vor der Wanderung, der Beginn der Herbstwanderung und die erneute Ankunft im Brutgebiet erfasst. Die genetischen Grundlagen der verschiedenen Verhaltensweisen würden mit handaufgezogenen Steinschmätzern der Norderney-Population unter kontrollierten Laborbedingungen untersucht werden. Die Realisierung dieses Forschungsvorhabens würde detaillierte Erkenntnisse unter natürlichen und kontrollierten Bedingungen liefern, die für ein ganzheitliches Verständnis des Vogelzuges unerlässlich sind.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen