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Cyborg Cook – Häusliche Nahrungszubereitung im digitalen Zeitalter

Antragstellerin Katharina Graf, Ph.D.
Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 452339143
 
In naher Zukunft könnten Küchen in privaten Haushalten entweder nicht mehr nötig sein, da Drohnen unser Essen liefern, oder aber zu unpraktischen Statussymbolen mutieren. Während intelligente Küchenmaschinen teil-autonom kochen, kauft der smarte Kühlschrank selbständig online ein. Ob wir diesen von Designern und Werbefachleuten beschworenen Szenarien Glauben schenken oder nicht, Tatsache ist, dass sich Küchen und Kochtechnologien rapide verändern, und damit auch die alltägliche Nahrungszubereitung. Kulturanthropologie begegnet solch einseitigen Visionen technologischen Einflusses auf Alltagspraktiken mit Skepsis und ist ideal positioniert um die komplexen Verwicklungen von kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Faktoren in zunehmend digital vermittelten Mensch-Maschine Interaktionen zu erforschen.Bereits seit Beginn der Industrialisierung versprechen Wissenschaft und Technik die Arbeit der Hausfrau und Köchin – denn es sind bis heute vornehmlich Frauen, die im Alltag kochen – durch intelligente Maschinen zu erleichtern. Doch trotz realem oder imaginiertem technologischen Wandel ist die Köchin bisher nicht aus der Küche wegzudenken; weltweit bereiten vor allem Mütter nach wie vor das tägliche Mahl zu. Im Vergleich zu einem wachsenden Feld der Nahrungsforschung in anderen hochindustrialisierten Nationen sind empirische Studien über Kochpraktiken in Deutschland überraschend selten, obwohl die hiesige Entwicklung von Lebensmitteltechnologien seit mehr als hundert Jahren floriert. Insbesondere deutsche Küchenmaschinen sind international bekannt und tragen dazu bei, dass sich alltägliche Kochpraktiken weltweit verändern.Um alltägliche Kochpraktiken im Zuge der Digitalisierung besser zu verstehen, ist es Ziel dieses ethnografischen Projekts den Kontrast zwischen futuristischer Vision und alltäglicher Kochrealität in Deutschland zu ergründen. Die alltäglichen Praktiken der häuslichen Nahrungszubereitung werden dazu aus viererlei Sicht erforscht, beginnend mit 1) einer historisch-sozialen Analyse ihres wissenschaftlich-technischen Umfeldes. 2) Durch ‚teilnehmende Wahrnehmung‘ in privaten Küchen und online, wird Cyborg Cook eine dringend nötige empirische Untersuchung der Interaktion von KöchInnen mit digitaler Technologie in Angriff nehmen. 3) Da der Lebensmittelmarkt die häusliche Nahrungszubereitung durch zunehmend intelligente Lösungen ergänzt oder ersetzt, müssen auch digitale Praktiken erforscht werden. Tatsächlich werden KöchInnen dank digitaler Technologien zu aktiven TeilnehmerInnen in einem vernetzten Markt, und ihre digitalen Aktivitäten bringen Nahrungsmittelproduktion und -konsum in ein neues, bisher kaum ethnografisch erforschtes Verhältnis. 4) Auch Kategorien von gender, class und race werden kritisch hinsichtlich ihrer Bedeutung im Prozess der Nahrungszubereitung überprüft. Insgesamt werden KöchInnen dabei als Cyborgs theoretisiert, die – teils Mensch, teils Maschine – ihr körperliches und digitales Wissen flexibel kombinieren.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Mitverantwortlich(e) Professorin Gisela Welz, Ph.D.
 
 

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