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Analyse von Wohnstandortentscheidungen ehemaliger Slumbewohner*innen nach Umsiedlungen

Antragsteller Dr. Raffael Beier
Fachliche Zuordnung Städtebau/Stadtentwicklung, Raumplanung, Verkehrs- und Infrastrukturplanung, Landschaftsplanung
Humangeographie
Förderung Förderung von 2021 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 456455682
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In den letzten Jahren kam es in vielen Ländern des Globalen Südens zu einer Rückkehr großmaßstäblicher staatlicher Wohnungsbau- und Umsiedlungsprogramme. Die neuen Programme haben nicht nur zum Ziel, die Erschwinglichkeit von Wohneigentum für Geringverdienende zu erhöhen, sondern sind auch Teil staatlicher Entwicklungspolitiken zur Bekämpfung informeller Siedlungen. Trotz teils verbesserter Wohnsicherheit und -qualität kritisieren zahlreiche Autor*innen, eine zu geringe Nachfrageorientierung standardisierter Programme, insbesondere fehlende räumlicher Integration (z.B. Zugang zu Arbeit), mangelnde Erschwinglichkeit, schlechte Infrastruktur und ein Verlust sozialer Netzwerke. Es wird angenommen, dass die genannten Nachteile dazu geführt haben, dass einige Wohnungsempfänger*innen nicht (mehr) in ihren Wohnungen wohnen (wollen). Manche haben ihre Wohnungen verkauft, andere vermieten sie. Trotz der weltweiten Bedeutung dieses Phänomens existiert bislang aufgrund methodischer Herausforderungen kaum Forschung, die sich mit den Erfahrungen, Gründen und Zwängen des Verlassens oder Nicht-Bewohnens von subventioniertem Wohnraum auseinandersetzt. Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wurden innovative Methoden entwickelt, die es ermöglicht haben, diese Forschungslücke in vergleichender Art und Weise in drei wachsenden Hauptstadtregionen – Addis Abeba (ÄTH), Gauteng (SA), Rabat-Salé (MAR) – zu adressieren. Hierzu wurden insgesamt 101 narrativbiographische Interviews mit Personen geführt, die ihre Wohnung nicht (mehr) bewohnen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Nicht-Bewohnen vielfach darauf zurückzuführen ist, dass die Befragten es sich nicht leisten können, im neuen Wohnraum zu wohnen – selbst wenn sie diesen, wie in Südafrika, kostenfrei erhalten haben. Eine schlechte Lage und unvorteilhafte Programmkonditionen können das Bewohnen weiter erschweren. Während staatliche Akteure Bewohner*innen dazu drängen, ihren neuen Wohnraum zu bewohnen, schätzen viele Befragte die multifunktionale und intergenerationelle Bedeutung von Wohneigentum. Manche nutzen den Wohnraum als Einkommensquelle in Zeiten von Massenarbeitslosigkeit, andere als ein Schutz gegen Verdrängung, wieder andere nutzen Verkaufserlöse für zukunftsorientierte Investitionen. Dabei können weit verbreitete Vorwürfe des Missbrauchs staatlicher Wohlfahrtsleistungen zurückgewiesen werden. Vielmehr stellt das Nicht- Bewohnen oft die Konsequenz einer Notwendigkeit dar, verschiedene Wohnfunktionen als Folge von Not und Marginalisierung gegeneinander aufwiegen zu müssen. Manche zum Beispiel akzeptieren schlechtere Wohnbedingungen, um näher an Arbeitsplätze und an Orten zu wohnen, mit denen sie sich emotional verbunden fühlen. Andererseits ermöglicht Fortzug in Zusammenhang mit der multidimensionalen Funktion von Wohneigentum in manchen Fällen auch eine Verbesserung der Wohn- und Lebenssituation. Abschließend wird gefordert, dass Wohnungspolitiken zukünftig verstärkt Wahlmöglichkeiten enthalten sollten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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