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Quantifizierung der kausalen Struktur der natürlichen und sexuellen Selektion
Antragsteller
Dr. Jonathan Henshaw
Fachliche Zuordnung
Evolution, Anthropologie
Bioinformatik und Theoretische Biologie
Bioinformatik und Theoretische Biologie
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 456626331
Kausales Denken ist für ein differenziertes Verständnis der natürlichen Selektion unerlässlich. Um die Mechanismen der Selektion zu verstehen, brauchen wir explizit kausale Analysen der Verhältnisse zwischen phänotypischen Merkmalen, Fitnesskomponenten und Fitness. Kausalität liegt außerdem einer Reihe evolutionärer Schlüsselkonzepte zugrunde, die als Selektion über bestimmte Fitnesskomponenten verstanden werden. Beispielsweise erfolgt „sexuelle“ Selektion, wenn Merkmale den Paarungs- bzw. Befruchtungserfolg beeinflussen, was sich dann wiederum auf die Fitness auswirkt. Erstaunlicherweise fehlt noch immer ein allgemeiner quantitativer Ansatz, um herauszufinden wie unterschiedliche Kausalpfade zur natürlichen Selektion beitragen. Bestehende Methoden hängen von Annahmen wie Linearität und Additivität ab, welche die Komplexität der realen kausalen Effekte nicht erfassen. Besonders nachteilig ist dies für das Forschungsgebiet der sexuellen Selektion, dem folglich keine einheitliche Begriffserklärung zugrunde liegt.Ich werde neu entwickelte Methoden der mathematischen Kausaltheorie anwenden, um zur Lösung dieser Probleme beizutragen. Als Erstes werde ich einen allgemeinen theoretischen Rahmen entwickeln, um den Beitrag verschiedener Kausalpfade zur natürlichen Selektion zu quantifizieren. Dieses grundlegende Gerüst wird mit willkürlichen Kausalverhältnissen zwischen Variablen (z.B. Nichtlinearität, nichtadditiven Wechselwirkungen) sowie mit diversen Regressionsmethoden für die Abschätzung solcher Verhältnisse kompatibel sein. Dann werde ich diese Grundlagen anwenden, um die sexuelle von der nichtsexuellen Selektion abzugrenzen, sowie um Kausalprozesse zu entflechten, die zur sexuellen Selektion beitragen (z.B. durch Anzahl oder Qualität der Partner vor der Paarung oder durch Befruchtungserfolg nach der Paarung). Zusätzlich werde ich für diese neuen Methoden ein R-Software-Paket entwickeln, um diese für die Forschungsgemeinschaft der Evolutionsbiologie zugänglich zu machen.Dieses theoretische Gerüst wird einen grundlegenden Fortschritt darstellen. Unter der Beachtung entsprechender kausaler Annahmen wird dieser Rahmen auch auf Beobachtungsdaten anwendbar sein. Letzteres ist besonders wünschenswert, da mehrstufige Kausalprozesse, welche Fitness bestimmen, sich häufig nur schwer manipulieren lassen. Die Flexibilität des theoretischen Gerüsts wird – im Gegensatz zu bereits vorhandenen Ansätzen – gewährleisten, dass komplexe Kausalprozesse durch passende statistische Annahmen modelliert werden können, was für aussagekräftige Abschätzungen und Vorhersagen entscheidend ist. Die Anwendung im Gebiet der sexuellen Selektion wird zu einer grundlegenden Begriffserklärung beitragen. Zudem können zentrale Kontroversen (z.B. über die Primärmechanismen der sexuellen Selektion) nur mithilfe solcher allgemeinen Methoden zur Quantifizierung sexueller Selektion und ihrer Komponenten aufgeklärt werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen