Detailseite
Herausforderung versus Bedrohung: Wie kognitive Bewertungen von Stress dessen Effekte auf soziales Verhalten modulieren
Antragsteller
Professor Dr. Markus Heinrichs; Dr. Bastian Schiller
Fachliche Zuordnung
Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften
Förderung
Förderung seit 2020
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 456759450
In unserer sich rapide weiterentwickelnden digitalen Gesellschaft nimmt psychosozialer Stress kontinuierlich zu. Bislang sind dessen Effekte auf unsere sozialen Interaktionen aber kaum erforscht. Selbst nach einem Vierteljahrhundert Forschung mit dem Trier Social Stress Tests – einem standardisierten Verfahren zur experimentellen Induktion psychosozialen Stresses – bleibt unklar, unter welchen Bedingungen Stress prosoziales Verhalten erhöht („tend-and-befriend“) oder reduziert („flight-or-fight“). Aufbauend auf klassischen psychologischen Theorien zur kognitiven Bewertung, untersucht das vorliegende Projekt die innovative Annahme, dass diese heterogenen Befunde aus individuellen Unterschieden in kognitiven Bewertungen des Stresses als Herausforderung (Ressourcen > Anforderungen) oder als Bedrohung (Anforderungen > Ressourcen) resultieren. In zwei Studien sollen die Effekte einer Manipulation der situationellen Anforderungen (Studie 1) und individuellen Ressourcen (Studie 2) auf das Sozialverhalten für ein besseres kausales Zusammenhangsverständnis von kognitiven Bewertungen und behavioralen Stresseffekten untersucht werden. In Studie 1 führen die Versuchspersonen den Trier Social Stress Test in einer Fremdsprache durch. Wir erwarten, dass so die situationellen Anforderungen und damit verbunden die Bedrohungsbewertungen steigen, was wiederum prosoziales Verhalten reduzieren soll. In der zweiten Studie planen wir die Stärkung der wahrgenommenen individuellen Ressourcen, indem die Versuchspersonen eine spezifische Instruktion erhalten, wie sie stressbezogenes Arousal kognitiv als adaptiv umstrukturieren können. Wir erwarten, dass sie dann adaptivere Copingmechanismen und mehr prosoziales Verhalten gegenüber anderen zeigen werden. Darüber hinaus sollen durch die Analyse der zeitlichen Dynamik psychophysiologischer Verarbeitung wichtige Hinweise auf die den Effekten von Stressbewertungen auf das Sozialverhalten zu Grunde liegenden neurophysiologischen Mechanismen gewonnen werden. Zusammengefasst bietet das vorliegende Projekte eine neue Perspektive auf die modulierende Rolle kognitiver Bewertungen bei den Effekten von Stress auf unser Sozialverhalten. So integriert es unterschiedliche theoretische Ansätze zu Stresseffekten und beleuchtet Strategien zum Umgang mit Stress, die für die kognitiv-behaviorale Therapie von stressbedingten psychischen Erkrankungen hilfreich sein könnten. Indem dieses Projekt die Stärken, Expertisen und Erfahrungen der Antragssteller in drei Forschungsfeldern kombiniert (soziale Interaktionsparadigmen, psychosoziale Stressinduktion, räumlich-zeitliche EEG Analysen), ist es für die Forschungsbereiche der Sozialen Kognition und Interaktion, der Psychophysiologie, der Emotionsverarbeitung, und der Klinischen Psychologie von Interesse.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen