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Stimmen & Handlungsmacht: Amerika und der Atlantik, 1600-1865
Antragstellerin
Dr. Elena Furlanetto
Fachliche Zuordnung
Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 457116377
Nordamerika und der größere Atlantische Raum zwischen 1600 und der Mitte des 19. Jahrhunderts eröffnen ein kulturelles Feld, in dem sich Konzepte des Selbst und deren schriftlicher Ausdruck veränderten. Die gleichzeitige Existenz von Praxen der schriftlichen Selbstdarstellung und Selbstverneinung verursachte Doppeldeutigkeiten und Gegensätze, die sich wandelnde Konzepte von Identität und Selbst beeinflussten. Das Netzwerk wird diese auseinanderklaffenden Instanzen untersuchen und dabei die Ideologien, die aktuellen Vorstellungen von Individualität unterliegen, kritisch hinterfragen. Viele der im Netzwerk eingebundenen Wissenschaftler*Innen erarbeiten sich bislang unbeachtete Autoren, Texte und kulturelle Phänomene, um etablierte kritische Diskurse aufzubrechen. Das Netzwerk wird untersuchen, wer sprechen darf und über wen oder mit wem gesprochen wird, wer hört und Gehör findet, wer schreibt, über oder an wen geschrieben wird und was noch nicht gesagt werden darf. Wir werden ein statisches Verständnis individueller Erzählender durch ‘dividuelle‘ ersetzen, um gemeinschaftliche, mehrstimmige Formen von marginalisierter Handlungsmacht zu greifen. Brüche in der formalen Kohärenz literarischer und nicht-literarischer Texte ermöglichen es, die verschränkte Natur von Subversion und Hinnahme, Pathos und Struktur, Persönlichkeit und regulierter Autorschaft auszumachen. Das Netzwerk umschließt einen größeren atlantischen Raum, da viele involvierte Projekte Themen und Theorien der Postkolonialen Studien und der Amerika- und Transatlantikstudien verschränken. Über drei Jahre hinweg werden sich die Netzwerkmitglieder und eingeladene Gastvortragende zu einem einführenden Treffen, vier thematischen Workshops und einer Abschlusskonferenz treffen. Der erste Workshop nimmt die Handlungsfähigkeit des Einzelnen zu einer Zeit, in der das Selbst in selbstnegierenden Texten zum Ausdruck kam, in den Blick, um unser Verständnis des Selbstausdrucks vor Mitte des 19. Jahrhunderts zu überarbeiten. Der folgende Workshop wird unterdrückte Stimmen aus der Zeit in den Blick nehmen; Texte, die unterhalb der Oberflächen des Archivs verborgen liegen aber auch Stimmen, die innerhalb etablierter kultureller Ausdrucksformen stumm bleiben. Ein dritter Workshop geht näher auf Theorien des Archivs ein, um das Ausmaß des Einflusses heutiger, impliziter Verständnisse von Handlungsmacht auf unsere Methoden der Archivarbeit zu bestimmen. Der vierte Workshop, vor der Abschlusstagung, nimmt sich vor, Methoden zur kritischen Introspektion zu entwickeln, um dem Präsentismus entgegen zu wirken, der oft implizit ist, wenn verstummten Akteuren aus der Geschichte „eine Stimme gegeben“ wird. Das Netzwerk verspricht also eine Methodik von Stimmen und Handlungsfähigkeit zwischen 1600 und 1865 zu entwickeln, die dem Spannungsfeld zwischen der Vorstellung von Individualität im fokussierten historischen Zeitraum und heutigen, kritisch-revisionistischen Ansätzen Rechnung trägt.
DFG-Verfahren
Wissenschaftliche Netzwerke
Mitverantwortlich(e)
Dr. Ilka Brasch