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Hü und hott unter Stress – neurohormonelle Moderatoren von offenbarten Präferenzen

Fachliche Zuordnung Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 458314306
 
Die Theorie der offenbarten Präferenzen modelliert Konsumentenentscheidungen auf der Basis beobachtbarer Entscheidungen. Unter der Annahme, dass Präferenzen über den Beobachtungszeitpunkt stabil sind, erlaubt die Kenntnis vergangener offenbarter Präferenzen die Vorhersage zukünftiger Entscheidungen. Diese Annahme ist nicht notwendigerweise kompatibel mit Belegen aus der psychoneuroendokrinologischen Forschung, nach denen ökonomische Präferenzen unter anderem von dem neuro-hormonellen Zustand des Konsumenten abhängen, der dynamisch, flexibel und zeit-variierend ist, nicht sichtbar für einen externen Beobachter ist und nur bedingt der Introspektion zugänglich ist. Zum Beispiel konnten wir in den vergangenen zwei Förderrunden zeigen, dass psychosozialer Stress bzw. die psychopharmakologische Manipulation der Stress-Neuromodulatoren Cortisol (CORT) und Noradrenalin (NA) altruistische, soziale Präferenzen in einer systematischen, vorhersagbaren, aber zeitabhängigen Art und Weise modulierten. Da sich soziale Präferenzen offenbar mit der Fluktuation hormoneller Aktivität verändern, würden Entscheidungen unter Umständen intern inkonsistent (d.h., irrational): die Entscheidung eines gestressten Konsumenten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Stress offenbart wurde, sagt nicht reliabel die Entscheidungen des Konsumenten nach Stress vorher. Dies ist jedoch alles andere als gesichertes Wissen; es ist ebenso möglich, dass Stress vorübergehend die Entscheidungsvariabilität erhöht, was von offenbarten Präferenzmarkern lediglich als Entscheidungs-Rauschen (fuzzy hands) klassifiziert würde und kein generelles Problem für mikroökonomische Entscheidungstheorie darstellen würde. Das Ziel dieses Drittmittelantrags ist zu evaluieren, ob die Effekte von psychosozialem Stress (Experiment 1) oder von psychopharmakologischer Manipulation von CORT- und NA-Aktivität (Experiment 2) auf Altruismus signifikant inkonsistente soziale Entscheidungen verursachen. Entscheidungskonsistenz wird mit einem konzeptuell rigorosen Rationalitätsmaßstab der Theorie der offenbarten Präferenzen quantifiziert. Die Probanden spielen ein modifiziertes, sog. Dictator Game, bei dem sie einen Geldbetrag zwischen sich selbst und einer anderen Person aufteilen. Wir manipulieren das Budget (der aufzuteilende Geldbetrag) und die Kosten von Geben („Transaktionskosten“, die die Probanden bezahlen müssen, um der anderen Person Geld zu geben). Wir erwarten, dass die sozialen Entscheidungen in dieser Aufgabe nach psychosozialem Stress bzw. nach psychopharmakologischer Intervention inkonsistenter sind als nach Kontrollmanipulationen. Wir erwarten weiterhin, dass die erhöhte interne Inkonsistenz nicht nur durch verstärkter Entscheidungsrauschen erklärt werden kann, sondern durch genuin veränderte soziale Präferenzen, gemessen anhand von veränderten sozialen Nutzenfunktionen. Die Ergebnisse dieses Projekts haben Implikationen für die Rolle der neurohormonellen Stressantwort auf ökonomische Rationalität.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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