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Filmkomödie nach dem 'Dritten Reich‘: Zur politischen Ästhetik der Unterhaltung in Überläuferfilmen

Antragsteller Dr. Rasmus Greiner
Fachliche Zuordnung Theater- und Medienwissenschaften
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 460277009
 
Das Vorhaben erforscht deutsche Spielfilme aus den Jahren 1944/45, die erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fertiggestellt bzw. uraufgeführt wurden. Diese ca. 60 Überläuferfilme sind – so die These – von überproportionaler Bedeutung für filmtheoretische und (film)historische Zusammenhänge. Am Beispiel eines überschaubaren Filmkorpus können sowohl die kultur- und sozialgeschichtlichen Kontinuitäten als auch Brüche zwischen NS-Zeit und Nachkriegsdeutschland prägnant herausgearbeitet werden. Der Fokus liegt hierbei auf der Filmkomödie, die mit mehr als 30 Produktionen das häufigste Genre der Überläuferfilme darstellt – und damit auch ‚nach dem Dritten Reich‘ den Unterhaltungsfilm maßgeblich prägte. Ziel des Projektes ist es, am Beispiel von Überläuferkomödien zu erforschen, wie sich die Verschränkung von Unterhaltung, Politik und Ästhetik in der Zeit des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs in den 1940er und 1950er Jahren entwickelte. Der innovative Kern liegt in der integrativen Bearbeitung des bisher weitgehend homogen konzeptualisierten Phänomens der Überläuferfilme einerseits, sowie der Analyse der Filme in Relation zur New Film History, zu den Genre Studies und zur politischen Ästhetik andererseits Inwiefern haben sich die ästhetischen Strategien des NS-Unterhaltungsfilms und damit auch entsprechende ideologische Potenziale in die audiovisuellen Figurationen dieser Filme eingeschrieben? Können in der Ästhetik der Filme Spuren der kriegsbedingten Verknappung, des Umbruchs oder auch etwaiger nachträglicher Bearbeitungen gefunden werden? Als missing link – so unsere These – stellen die Überläuferkomödien im breiten Spektrum von NS-affirmativen bis hin zu subversiven ästhetischen Potentialen eine Verbindung zwischen der Spätphase des Nationalsozialismus und der Wahrnehmung durch die Zuschauer in der Nachkriegszeit her. Um mögliche Diskrepanzen zwischen dem in der NS-Zeit intendierten Publikum und der Wahrnehmung in der Nachkriegszeit nachzuzeichnen, werden in der Analyse auch Überlegungen zur Phänomenologie der Filmerfahrung herangezogen. Auf dieser Grundlage wird die politische Ästhetik der Überläuferkomödie als Ausdruck einer eigenen filmischen Erfahrungsform analysiert. Die politische Ästhetik der Überläuferkomödie, so unsere These, resultiert somit vor allem in (unbewussten) Differenzerfahrungen im Spannungsfeld zwischen ‚Drittem Reich‘, Niederlage und Neubeginn. In der Überläuferkomödie treffen NS-ideologisch wirksame Figurationen auf transformative Kräfte, die auf eine Demokratisierung der Wahrnehmung zielen. Diese komplexe Kombination aus Kontinuitäten und Brüchen, Reminiszenzen und Differenzen macht Überläuferkomödien zu einem besonders geeigneten Untersuchungsgegenstand, an dem die Funktionsweise und Widersprüche der impliziten Formen von politischer Ästhetik dezidiert herausgearbeitet werden können.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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