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Stetige Transformationen geordneter Mengen: Eine Brücke zwischen Ordinalzahlanalyse, reverser Mathematik und Kombinatorik
Antragsteller
Professor Dr. Anton Freund
Fachliche Zuordnung
Mathematik
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 460597863
Die folgende Frage ist in verschiedenen Bereichen der mathematischen Logik von zentraler Bedeutung: Welche Axiomensysteme sind stark genug, um ein gegebenes mathematisches Theorem zu beweisen? Zusätzlich zum inhärenten intellektuellen Interesse liefert eine Antwort auf diese Frage oft weitere Informationen, etwa über die Qualität von Approximationen oder die Komplexität algorithmischer Lösungsverfahren. Unser Projekt wird die Verbindungen zwischen zwei Teilgebieten der Logik vertiefen, welche sich beide mit der obigen zentralen Frage beschäftigen: Ordinalzahlanalyse und reverse Mathematik. Als Brücke zwischen den beiden Ansätzen werden wir stetige Transformationen (Funktionale endlichen Typs) über den Kategorien der partiellen und linearen Ordnungen verwenden. Dies wird es uns erlauben, die zentrale Frage in Fällen zu beantworten, in denen sie derzeit offen ist. Konkret werden wir Theoreme aus der Kombinatorik analysieren, vornehmlich solche mit Verbindungen zum Satz von Kruskal, zum Graphenminorensatz und zur Theorie der Besser-Quasiordnungen. Weiter werden wir einen allgemeinen Rahmen schaffen, in dem sich bekannte und neue Ergebnisse auf uniforme Weise erklären lassen. Unser Ansatz wird beispielhaft durch ein vorheriges Resultat des Antragstellers verwirklicht (Advances in Mathematics 355, 2019, Artikel No. 106767, 65 S.), welches Methoden der Ordinalzahlanalyse (konkret Arbeiten von Gerhard Jäger) verwendet, um das wichtige Axiom der Pi^1_1-Komprehension zu charakterisieren, was eine der offenen Fragen der reversen Mathematik auf Antonio Montalbán's Liste (Bulletin of Symbolic Logic 17:3, 2011, S. 431-454) beantwortet. Auf dieser Charakterisierung aufbauend haben Michael Rathjen, Andreas Weiermann und der Antragsteller gezeigt (arXiv:2001.06380), dass eine uniforme Version des Satzes von Kruskal zur Pi^1_1-Komprehension äquivalent ist--und somit (aufgrund eines Ergebnisses von Alberto Marcone) auch zum berühmten Minimale-schlechte-Folgen-Lemma von Crispin Nash-Williams. In unserem Projekt werden wir den skizzierten Ansatz substanziell erweitern: Wir planen, (1) die genaue Stärke von Harvey Friedmans Lückenbedingung zu bestimmen, welche seit 30 Jahren offen und für den Graphenminorensatz relevant ist; (2) stärkere Axiome als die Pi^1_1-Komprehension durch Ordnungstransformationen zu charakterisieren, was neues Licht auf Ordinalzahlanalysen von Michael Rathjen und Toshiyasu Arai und damit auch auf Hilberts zweites Problem werfen wird; (3) die Verwendung von Ordnungstransformationen auf alle endlichen Typen und Ebenen der analytischen Hierarchie zu erweitern; und (4) Anwendungen von Ordnungstransformationen auf die Theorie der Besser-Quasiordnungen zu entwickeln, mit dem Ziel, die Stärke von Nash-Williams Satz über transfinite Folgen zu bestimmen (was eine weitere offene Frage auf Montalbáns Liste beantworten würde).
DFG-Verfahren
Emmy Noether-Nachwuchsgruppen