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Ein neues Modell für die Stadt Selinunt
Antragsteller
Professor Dr. Ortwin Dally; Dr. Dennis Wilken
Fachliche Zuordnung
Klassische, Provinzialrömische, Christliche und Islamische Archäologie
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 460811908
Ziel des hier beantragten, konsequent interdisziplinär aufgebauten Projekts ist es, die Grundlagen für ein neues Modell der Stadt Selinunt auf Sizilien zu entwickeln, das alle zentralen Phasen der Siedlungsgeschichte umfasst. Damit ist die Absicht verbunden, die historisch überlieferten Phasen und Brüche in der Entwicklung dieses bedeutenden archäologischen Fundorts in ihrer Interdependenz mit und konkreten Auswirkung auf die Formatierung und Umformatierung des städtischen Raums systematisch und diachron zu erfassen. Die Forschungen zur Siedlungsgeschichte Selinunts konzentrierten sich bisher vor allem auf die Rekonstruktion eines idealtypischen Modells der im 7. Jh. v. Chr. als griechische Kolonie entstandenen und sukzessive ausgebauten Stadt. Diese erlebte, so das vereinfachte Bild, durch den karthagischen Überfall im Jahr 409 v. Chr. ihren Niedergang. Für die Nutzung des Areals nach der Zerstörung und bis zu einer vorübergehenden Auflassung der Siedlung um 250 v. Chr. sind die Vorstellungen fragmentarisch und diffus und beschränken sich auf einzelne Bereiche oder Monumente wie die prominente Befestigungsanlage auf dem Südhügel. Dem Modell der idealtypischen griechischen Kolonie der archaisch-klassischen Zeit steht somit die unscharfe Vorstellung von Nachfolgesiedlungen diffuser Form und Funktion mit unklarer Bevölkerungsstruktur und Urheberschaft gegenüber. Noch ungewisser sind dann die punktuellen Siedlungsaktivitäten der Nachantike und des Mittelalters.Schwerpunkt des hier vorgestellten Projekts ist es, unter Verwendung vorhandener und neu gewonnener Daten ein differenzierteres Bild der Entwicklung und Transformation, d.h. der Formierung, Auflassung, Überbauung und Umnutzung öffentlicher und privater Räume der Stadt in einer diachronen Perspektive zu generieren. Damit kann das Projekt einen wesentlichen Beitrag liefern um den Zusammenhang von historisch überlieferten und im Befund greifbaren Veränderungen zu verstehen. Durch die Zusammenarbeit von Archäologie und Geowissenschaften erfolgt erstmals eine systematische Erfassung des gesamten Stadtgebiets durch Prospektionsdaten der Oberfläche und des bodennahen Untergrunds sowie durch spezifische Informationen zur Stratigraphie und Chronologie.Dieses Ziel soll in zwei dreijährigen Förderphasen erreicht werden. Dabei stehen am Abschluss jeder Förderphase klar definierte Zwischenergebnisse. Zentrales Ergebnis ist ein Geographisches Informationssystem, das über die iDAI.world zugänglich gemacht wird. Darüber hinaus werden die Forschungsergebnisse in einer zweiteiligen, vom DAI redaktionell betreuten Monographie am Ende jedes Förderabschnittes zusammengefasst. Da die geophysikalischen Prospektionen der avisierten Bereiche eine besondere methodologische Herausforderung darstellen, wird hierfür in der ersten Förderphase eine Lösung im Rahmen einer Dissertationsschrift erarbeitet.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen