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Das Leben abseits des Stromnetzes: Eine Studie zu solarer Infrastruktur und ethischen Subjekten

Antragstellerin Dr. Eva Riedke
Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 463052569
 
Das Projekt widmet sich aus ethnologischer Perspektive dem Lebenszyklus von „off grid“ Solarenergiesystemen und -technologien; von der Konzeption und Gestaltung im Globalen Norden bis zur Vermarktung und Nutzung im Globalen Süden. Da etwa eine Milliarde Menschen weiterhin nicht an ein Stromnetz angeschlossen sind, ist die Bereitstellung von Elektrizität ein wesentlicher Bestandteil der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung. Solarprodukte haben sich in vielen Ländern südlich der Sahara zu einer ikonischen „bottom of the pyramid“-Technologie entwickelt, sodass MarktanalytikerInnen von einem „Wettlauf um Solarenergie in Afrika“ sprechen. Das Forschungsprojekt beschäftigt sich mit Erfahrungen, Handlungsmustern und Orientierungsweisen aus der alltäglichen Lebenswelt von jenen Menschen, die netzunabhängige Solarprodukte entwickeln und vermarkten, sowie von denjenigen Personen, die im ländlichen Kenia abseits des Stromnetzes leben. Das Forschungsprojekt baut auf der Prämisse auf, dass die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Energie einen besonders fruchtbaren empirischen Zugang zu Fragen der Ethik eröffnet. Ausgehend von einer Feldforschung in zwei Start-ups in Ulm, untersucht das Projekt, wie Solarprodukte von ihren EntwicklerInnen sowohl mit expliziten Marktlogiken versehen als auch in einer Ethik globaler Verantwortung verortet werden. Der Fokus der Forschung liegt dabei auf den vielfältigen, miteinander verwobenen ethischen Feldern, in denen die Solarindustrie und ihre Akteure situiert sind: Umweltschutz, Aktivismus und Philanthropismus. Bei anschließenden Feldforschungsphasen in Kenia richtet das Projekt den Blick auf ein kenianisches Start-up, welches die deutschen Solarprodukte vermarktet und auf das Leben „abseits des Stromnetzes“. Es untersucht Energieinfrastrukturen als Ausgangspunkt ethischer Auseinandersetzungen – welche Rolle spielen Infrastrukturen und Elektrizität in sozialen Aushandlungsprozessen darüber „was ist“ und „was sein sollte“? Wie erscheinen Elektrizität und Infrastruktur in gängigen Narrativen über Fortschritt, Modernität und Wohlstand sowie in Bestrebungen und Erwartungen einer besseren Zukunft, einem „guten Leben“? Welche Bedeutung kommt solarer Energie in der Gestaltung post-kolonialer Formen des Politischen zu, zum Beispiel in der Einforderung von Rechten und Ansprüchen, in der Geltendmachung von Zugehörigkeit und Teilhabe, sowie in Vorstellungen von „citizenship“? In der Beantwortung dieser Fragen leistet das Projekt erstens einen innovativen Beitrag zur Analyse der Ethik als Dimension alltäglicher Praxis („ordinary ethics“), zweitens einen wichtigen Forschungsbeitrag zum Feld der Infrastrukturstudien und bietet drittens wertvolle empirische und theoretische Einblicke in neue Figurationen von Wissenschaft, (Entwicklungs-)Politik und Märkten.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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