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Herrschaft über fremde Völker und Reiche. Formen, Ziele und Probleme der Eroberungspolitik im Mittelalter

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung von 2021 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 464499198
 
Herrschaftsregimen. Auf dieser Grundlage lässt der Band die typischen Kennzeichen mittelalterlicher Eroberungen hervortreten: zum einen die enge Verschränkung der politischen, wirtschaftlichen und religiösen Motive und zum zweiten die soziale Bandbreite der Akteure, unter denen die Könige dominierten, aber auch der hohe Adel oder die Bischöfe und Ritterorden eine bestimmende Rolle spielten. Und drittens erkennt man das breite Spektrum an Herrschaftsformen, mit denen der Gebietsgewinn abgesichert werden sollte. Dabei erscheint die direkte Herrschaft angesichts der beschränkten logistischen und administrativen Ressourcen als ultima ratio, die erst bei stärkeren Widerständen Formen der Oberherrschaft Platz machte, dann aber auch zu einer tiefgreifenden Umgestaltung der politischen und gesellschaftlichen Ordnung in den unterworfenen Gebieten führen konnte. Nichtsdestotrotz blieb die Zusammenarbeit zumindest mit dortigen Eliten und mithin die Suche nach Konsens ein Ziel der Eroberungspolitik, auch wenn die Form und der Erfolg von Fall zu Fall variierten. Am Beispiel der normannischen und staufischen Eroberungen in Süditalien wird zudem deutlich, wie die Eroberten die unübersichtlichen Verhältnisse des Machtkampfes zu ihren eigenen Gunsten ausnutzten und Einfluss nehmen konnten. Ganz neue Einsichten vermitteln auch die rechtshistorischen Ausführungen, die erkennen lassen, wie Eroberungen selbst das Recht produktiv weiterentwickelten, so dass sich ein lehnrechtlich bestimmtes und vor allem bei Nichtchristen greifendes Recht auf Eroberung schubweise etablieren konnte, dessen Geltung aber keinesfalls unbestritten war. Den damit in Zusammenhang stehenden ambivalenten Status, den die Eroberung im politischen, aber auch im literarischen Diskurs des Mittelalters besaß, heben die verschiedenen Beiträge ins Bewusstsein, die sich vor allem mit deren Rechtfertigung befassen. Denn verschaffte die Unterwerfung fremder Völker auch Ruhm und konnte als Ausdruck herrscherlicher Willensstärke gerechtfertigt werden, so erschien eine Eroberung zumeist erst legitim, wenn sie bestehendes Unrecht aufhob, als Wiedereroberung präsentiert oder heilsgeschichtlich motiviert wurde. Dem letzten Aspekt entspricht auch die mehrfach diagnostizierte religiöse Aufladung des Krieges bei der Eroberung nicht-christlicher Gebiete, die mit der Sakralisierung der zu erobernden Landschaft einherging. Alles in allem werden so erstmalig die mittelalterlichen Eigenarten von Eroberungsdiskurs und -praxis erschlossen.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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