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Narragonia Latina. Kommentierte zweisprachige Hybridedition zu den lateinischen ‚Narrenschiffen‘ von Jakob Locher (1497) und Jodocus Badius (1505)

Fachliche Zuordnung Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 465069075
 
Das 'Narrenschiff' gilt als ein Hauptwerk Sebastian Brants (1457-1521) und als ein Schlüsseltext der Frühen Neuzeit. Es löste eine vielgestaltige Überlieferungsgeschichte aus, die bis ins 17. Jahrhundert zahlreiche Neuauflagen, Nachdrucke und Bearbeitungen hervorbrachte. Den entscheidenden Anstoß zur europäischen Verbreitung gab jedoch seine lateinische Bearbeitung, die Brants ehemaliger Schüler Jakob Locher als ‚Stultifera navis‘ 1497 mit Bergmann von Olpe in Basel erstmals herausbrachte. Aus Brants Narrenbildbuch in Knittelversen wurde eine gelehrte Humanistendichtung. Diese diente ihrerseits als Vorlage für französische, niederländische und englische Bearbeitungen, die bald darauf in London, Lyon und Paris erschienen. Bisher kaum beachtet worden ist, dass Lochers 'Stultifera navis' nicht die einzige lateinische Bearbeitung blieb. Wenige Jahre später, 1505, erschien in Paris die 'Navis stultifera' des Jodocus Badius, ein ganz eigenständiges, horazisch geprägtes Konkurrenzunternehmen zur ‚Stultifera navis‘. Sie dürfte ähnlich einflussreich gewesen sein, ist heute aber praktisch vergessen. Zu beiden ‚Naves‘, immerhin Grundlagentexten der europäischen ‚Narrenschiff‘-Rezeption, liegen bislang nur eine zweisprachige Teiledition (Locher) bzw. ein einsprachiger Lesetext unter Weglassung der Paratexte (Bade) vor. Im Projekt werden daher erstmals vollständige textkritische Editionen beider lateinischen ‚Narrenschiffe‘ mit Übersetzung erarbeitet (in Buchform). Daneben entsteht ein digitaler Kommentar, der beide Texte interdisziplinär und vergleichend kommentiert, das Verhältnis zu Brants ‚Narrenschiff‘ erläutert, Quellentexte und Digitalisate verlinkt und eine virtuelle Bibliothek erstellt, die diejenigen frühneuzeitlichen Ausgaben, die auch Locher und Bade benutzen konnten, in digitaler Form enthält. Der Kommentar nimmt neben der philologisch-historischen Erläuterung diejenigen Eigentümlichkeiten in den Blick, die die lateinischen ‚Naves‘ aus der literarischen Produktion ihrer Zeit herausheben. Dazu zählen u.a.: die auffällige Selbstkommentierung beider Autoren, in Lochers 'Stultifera navis' durch Paratexte und (von Brant hinzugefügte) Marginalnotate, in Bades 'Navis stultifera' durch einen Kommentar am Fuß jedes Kapitels; die sehr unterschiedlich geartete Bimedialität der beiden Narrenbildbücher und ihre ausgeprägte Paratextualität; der Sprachtransfer vom Deutschen in das Lateinische und die damit verbundenen Fragen der Stilhöhe und der Stilmischung.Die Hybridedition ermöglicht in der Buchform den zuverlässigen Zugriff auf den lateinischen Text und seine Varianten sowie auf eine moderne deutsche Übersetzung; in digitaler Form bietet sie vertiefte Recherche- und Darstellungsmöglichkeiten und einen nach unterschiedlichen Interessen abfragbaren Online-Kommentar. Die Forschung zur europäischen Narrenliteratur wird damit auf eine neue Grundlage gestellt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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