Detailseite
Kreditwürdigkeits- und Bonitätsbeurteilung mithilfe künstlicher Intelligenz
Antragstellerin
Professorin Dr. Katja Langenbucher
Fachliche Zuordnung
Privatrecht
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 467157950
Der vorliegende Antrag soll den bis 31.7.2025 laufenden Antrag „Faires Kreditscoring“ fortsetzen. Im Rahmen dieses Antrags wird an einem Rechtsrahmen für algorithmenbasiertes Kreditscoring, einem Element der Kreditwürdigkeitsbeurteilung, gearbeitet. Drei jüngere Entwicklungen haben zu einer grundlegenden Neuadjustierung der europäischen und der deutschen Rahmenbedingungen geführt. Im laufenden Erstantrag wurde darauf bereits reagiert, der Umfang der Neuregelungen erfordert jedoch einen Fortsetzungsantrag. Im Einzelnen: Erstens ist die zweite EU-Richtlinie über Verbraucherkreditverträge (EU) 2023/2225 in Kraft getreten. Sie enthält neue Vorgaben für die Kreditwürdigkeitsbeurteilung von Verbrauchern. Dadurch ist erheblicher Abstimmungsbedarf in der Trias von Datenschutz-, Bankenaufsichts- und Verbraucherschutzrecht entstanden, der in einem Folgeantrag aufzuarbeiten ist. Die Richtlinie sieht außerdem erstmalig ein europarechtliches Diskriminierungsverbot im Kredit-kontext vor. Ein Fokus des Erstantrags, die algorithmische Diskriminierung, erhält dadurch einen expliziten rechtlichen Rahmen. Das betrifft insbesondere die von üblichen Antidiskrimi-nierungsrichtlinien abweichende Formulierung, die Rechtfertigungsfähigkeit einer Ungleichbe-handlung und die mitgliedstaatlich vorzusehenden Sanktionen. Zweitens ist das titelgebende Projekt des Erstantrags, das Kreditscoring, durch ein EuGH-Urteil, welches Kreditscoring als unter der DSGVO legitimationsbedürftige automatisierte Ent-scheidung fasst, in heftige Bewegung geraten. Der Gesetzgeber hat mit § 37a BDSG-E rea-giert. Die Norm nutzt die europarechtlich eröffnete Möglichkeit, Scoring nach nationalem Recht zu ermöglichen und formt die Ansprüche des Datensubjekts aus. Einzelfragen betreffen die Effizienz einer „input“ Kontrolle unzulässiger Daten, Auskunftsansprüche von Verbrau-chern und die Reichweite des Schutzes des Geschäftsgeheimnisses von Scoring-Agenturen. Drittens ist die EU-Verordnung 2024/1689 über künstliche Intelligenz in Kraft getreten. Die Beurteilung der Bonität und der Kreditwürdigkeit mittels künstlicher Intelligenz wird dort explizit adressiert und als Hochrisiko-KI-System eingeordnet. Das spricht für eine Ausdehnung des Forschungsgegenstandes des Erstantrags, um auch die Kreditwürdigkeitsevaluation zu erfassen. Folgt man dem, birgt die KI-Verordnung eine Reihe komplexer Fragen, die von der ordnungsgemäßen KI-Governance und KI-Compliance über die Beurteilung der haftungs-rechtlichen Situation von Geschäftsleitern bis zum institutionellen Design von Aufsichtsbehör-den reichen. Im Einzelnen wird etwa der Begriff der Hochrisiko-KI-Systeme zu präzisieren, das Pflichtenheft des Vorstands von Banken und Scoringagenturen zu erörtern und das Ver-hältnis zur business judgment rule zu bestimmen sein. Besondere Aufmerksamkeit ist der Zuständigkeit von Aufsichtsbehörden zu widmen, insbesondere soweit diese mit Blick auf Fnanzinstitutionen und Kreditscoringagenturen nicht parallel verläuft.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
