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Der Einfluss von regionalen Varietäten auf die kindlichen Entwicklung von Wortrepräsentationen

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 467317876
 
In Deutschland wachsen viele Kinder mit mehr als einer regionalen Varietät auf (z.B. Alemannisch und einer Standardvarietät). Jedoch gibt es bislang kaum Studien die untersuchen, wie Kinder mit sprachlicher Variabilität im Input lexikalische Repräsentationen ausbilden. Diese sind notwendig, um Wörter zu erkennen, nicht nur in einer Varietät, sondern in zwei Varietäten. Daher sind viele Spracherwerbstheorien unvollständig. Von monolingual aufwachsenden Kindern (mit nur einer Varietät im Input) weiß man, dass lexikalische Repräsentationen sehr spezifisch sind, d.h. bei Lautänderungen werden die Wörter nicht erkannt. Erst im zweiten Lebensjahr gelingt es diesen Kindern, Wortformen einer unbekannten Varietät ihrer Sprache zu erkennen. Für bivarietale Kinder sind sprachliche Alternationen die Norm und keine Versuchsbedingung im Labor, aber wir wissen nicht, welche Auswirkungen es hat, wenn ein Elternteil Schuh [ʃuː] sagt und der andere [ʃu͡ə]. Dieses Projekt untersucht welche Art von lexikalischen Repräsentationen von bivarietalen Kindern gebildet werden (nur eine Repräsentation, zwei unabhängige Repräsentationen, unterspezifizierte Repräsentationen oder prälexikalische Adaptionen). Wir rekrutieren unter anderem Kinder aus dem alemannischen Sprachraum, deren Eltern alemannisch sprechen und die über die Medien Standarddeutschen Input erhalten. In Arbeitspaket 1 untersuchen wir die sprachliche Variabilität, die diese Kinder tatsächlich erfahren, indem wir kindgerichtete sprachliche Interaktionen aufnehmen und hinsichtlich der prozentualen Abweichung von Standardformen analysieren. In den Arbeitspaketen 2 und 3 wird mithilfe zweier Methoden untersucht, a) ob Kinder Wortformen wiedererkennen, wenn sich die Varietät zwischen Familiarisierung und Test ändert, b) ob Kinder Objekte erkennen, wenn sie in verschiedenen Varietäten benannt werden und ob bekannte Alternationen auf neue Wörter übertragen werden, c) wie sich die Wortrepräsentationen über den Verlauf des 2. und 3. Lebensjahres ändern, und d) wie die Variabilität im Input die Worterkennung von Kindern beeinflusst. Für Arbeitspakte 1 und 2 nutzen wir unter anderem eine eigens entwickelte App, die es Eltern erlaubt, selbst Daten zu erheben. Dieses Projekt füllt eine Lücke in der Erwerbsliteratur und liefert Daten über den Erstspracherwerb und die Ausbildung von lexikalischen Repräsentationen in einer Erwerbsgruppe, die zahlenmäßig groß ist (im Süddeutschen Raum sprechen ca. 50% der Menschen Dialekt, in der Schweiz ist das Alemannische Umgangssprache), die aber in Erwerbsstudien unterrepräsentiert ist. Wir erwarten Einsichten zur Adäquatheit von standardisierten Sprachtests in Kindergärten und Grundschulen, Rückschlüsse auf Kinder, deren Eltern nicht akzentfrei deutsch sprechen und Ideen für eine angemessenere Sprachtherapie für Kinder, die mit mehr als einer regionalen Varietät aufwachsen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Kanada
Kooperationspartnerin Professorin Elizabeth Johnson, Ph.D.
 
 

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