Schutzmechanismen bei kathodischer Langzeitpolarisation von Stahl in Beton Rückseitiger kathodischer Korrosionsschutz von Stahl in Beton
Final Report Abstract
Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens sollten, unter Zuhilfenahme verschiedener, unter anderem elektrochemischer, Untersuchungsmethoden, offene Fragen bezüglich der sog. sekundären Schutzmechanismen beim kathodischen Korrosionsschutz von Stahl in Beton sowie deren Einfluss beim kathodischen Schutz der anodenfernen Bewehrungslagen geklärt werden. In der bis dato publizierten, einschlägigen Fachliteratur wird die Wirkungsweise der sekundären Schutzmechanismen als repassivierend beschrieben. Die hohe Effektivität des kathodischen Schutzes wird ursächlich auf die sekundären Schutzmechanismen zurückgeführt, ohne dass eine Quantifizierung der Effekte vorgenommen wird. Die Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens zeigen hinsichtlich der Auswirkungen der sekundären Schutzmechanismen auf das Korrosionsverhalten von Betonstahl in alkalischen, chloridhaltigen Elektrolyten ein deutlich stärker differenziertes Bild. Auf Grundlage von Untersuchungen in künstlichen Betonporenlösungen unterschiedlicher pH-Werte und Chloridkonzentrationen lassen sich die Veränderungen hinsichtlich der Korrosionsbereitschaft der untersuchten Systeme in Abhängigkeit von der Veränderung der chemischen Umgebung des Stahls beschreiben. Die Lösungsversuche ermöglichten es jeweils nur einen Parameter zu variieren und so gezielt dessen Einfluss auf das System zu untersuchen. Dabei hat sich herausgestellt, dass es während der Versuchsdauer nur dann zur Repassivierung der Systeme kam, wenn die vorher gehende Depassivierung nicht von einer signifikanten korrosiven Vorschädigung der Proben begleitet war. Des Weiteren konnte dargestellt werden, dass die Korrosionsbereitschaft der Proben sowohl mit sinkenden Chloridkonzentrationen als auch mit der Erhöhung des pH-Wertes der Lösung verringerte, selbst dann, wenn stabile Lochkorrosion als Ausgangszustand der Proben definiert war. Die voneinander unabhängige Variation von pH-Wert und Chloridkonzentration lieferte die Erkenntnis, dass der Effekt den die Erhöhung des pH-Wertes auf den Korrosionszustand der Proben hat ab einem bestimmten Grenzwert überwiegt. Unterhalb dieser Grenze ist der Einfluss aus der Verringerung der Chloridionenkonzentration größer. Weiterhin konnte durch Untersuchungen in künstlicher Betonporenlösung gezeigt werden, dass an stabil korrodierenden Proben beim pH-Wert 12,6 selbst mit deutlich erhöhten Schutzstromdichten (> 20 mA/m²) keine ausreichende Schutzwirkung nachgewiesen werden kann, wenn keiner der sekundären Schutzmechanismen zusätzlich auf das System Einfluss nimmt. Zusammenfassend konnte mittels Untersuchungen in künstlicher Betonporenlösung gezeigt werden, dass die chemische Umgebung des Stahls nicht nur während der Initiierungs- und Stabilisationsphase einen entscheidenden Einfluss auf das Fortschreiten der Lochkorrosion hat, sondern auch die Veränderung des Elektrolyten außerhalb der aktiv korrodierenden Löcher einen signifikant Effekt auf die Korrosionsgeschwindigkeit im Loch hat, jedoch nur in Ausnahmefällen zur Repassivierung führt. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse aus den Untersuchungen in künstlichen Betonporenlösungen auf das System Stahl / Beton bzw. Stahl / Mörtel sollte anhand weiterführender Versuche an Mörtelzylindern überprüft werden. Weiterhin sollte die Chloridmigration beim kathodischen Korrosionsschutz untersucht und Quantifiziert werden. Die wesentlichen Ergebnisse dieser Versuchsreihen sind auf drei Punkte kondensierbar. Die Korrosionsbereitschaft der in den Mörtelzylindern eingebetteten Stahlzylinder nahm durch die kathodische Polarisation im betrachteten Zeitraum zu, es konnten signifikante Effekte hinsichtlich der Migration der Chloride beobachtet werden und die Übertragbarkeit der Ergebnisse aus den Untersuchungen in künstlichen Betonporenlösungen auf das System Stahl / Mörtel ist wegen des starken Einflusses der Transporthemmung im Mörtel nur bedingt möglich. Die Zunahme der Korrosionsbereitschaft des Systems ist aller Wahrscheinlichkeit nach auf die kathodische Aktivierung der gesamten Stahloberfläche durch die verhältnismäßig starke kathodische Polarisation zurückzuführen, was nicht bedeutet, dass die Korrosionsrate ebenfalls gestiegen sein muss. Die Veränderungen der Korrosionskinetik in Abhängigkeit der bei der externen Polarisation geflossenen Ladung konnten analytisch beschrieben werden. Hinsichtlich der Migration des Chlorids konnte festgestellt werden, dass im Elektrodennahen Bereich Werte erreicht wurden, die darauf schließen lassen, dass nach ausreichend langer Polarisation lediglich der chemisch gebundene Anteil vom Gesamtchloridgehalt im relevanten Elektrodenraum verbleibt. Demnach werden auch durch die, beim KKSB geringen Feldstärken, signifikante Chloridmengen bewegt, sofern es die geometrischen Voraussetzungen erlauben. Zukünftige Untersuchungen können, auf Grundlage der im Rahmen dieses Forschungsvorhabens gewonnenen Erkenntnisse, gezielte, anwendungsspezifische Bemessungsmodelle für KKS-Anlagen entwickeln, welche hinsichtlich der Planung und der Wirtschaftlichkeit von KKS-Anlagen neue Möglichkeiten mit sich bringen. Weiteres Entwicklungspotential besteht hinsichtlich der Entwicklung neuer Prüfmethoden zur Klassifizierung zementhaltiger Baustoffe im Hinblick auf ihr Chlorideindringverhalten.
Publications
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Investigations on alterations of electrochemical parameters of steel in chloride containing concrete in consequence of cathodic polarization. In: "EUROCORR 2008" (Edinburgh, Scotland, 2008)
T. Eichler, B. Isecke, G. Wilsch, S. Goldschmidt and M. Bruns
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In: "7. Symposium Kathodischer Korrosionsschutz von Stahlbetonbauwerken" (Technische Akademie Esslingen (TAE), Ostfildern, Deutschland, 2009), ISBN 3-924813-79-5, p. 23
T. Eichler, B. Isecke, G. Wilsch, S. Goldschmidt and M. Bruns
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In: 6th International Conference on Concrete under Severe Conditions (CONSEC'10), edited by P. Costro-Borges, E. I. Moreno, K. Sakai, O. E. Gjørv and N. Banthia (CRC Press, Taylor & Francis Group, Mérida, Yucatán, Mexico, 2010), ISBN 918-0-415-59316-8, p. 1115
T. Eichler, B. Isecke, G. Wilsch, A. Faulhaber and K. Weidauer
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Materials and Corrosion 61 (2010) 512
T. Eichler, B. Isecke, G. Wilsch, S. Goldschmidt and M. Bruns
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Untersuchungen zu den sekundären Schutzmechanismen beim kathodischen Korrosionsschutz von Stahl in Beton. In: "Doktorandensymposium 2010 des DAfStb" (Kaiserslautern, 2010)
T. Eichler and B. Isecke
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In: "Lecture Notes on Impedance Spectroscopy", edited by O. Kanoun (CRC Press, Taylor & Francis Group, Boca Raton London New York Leiden, 2011), ISBN 978-0-415- 68405-7, p. 91
T. Eichler, A. Faulhaber, K. Weidauer and B. Isecke