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Auswirkungen von Grundschulschließung auf Bildungsungleichheiten
Antragsteller
Professor Dr. Thorsten Schneider
Fachliche Zuordnung
Empirische Sozialforschung
Förderung
Förderung von 2021 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 470160684
In Deutschland wurden Schulgebäude im Zuge der Coronapandemie erstmals ab Mitte März 2020 für mehrere Wochen geschlossen. An die Stelle von Präsenzunterricht traten verschiedenste Formen der Übermittlung von Lernmaterialien und -inhalten. Weder die Schulen noch die Familien waren – zumindest im ersten Lockdown – auf diese Situation vorbereitet. Insbesondere in den unteren Jahrgangsstufen könnte der Ausfall des Präsenzunterrichts die sozialen Disparitäten in den schulnahen Fähigkeiten und Fertigkeiten vergrößert haben, da diese Schülerinnen und Schüler altersbedingt noch viel Unterstützung benötigen.Deshalb konzentriert sich das Projekt auf Kinder in der Grundschule und fragt danach, 1) wie elterliche Lernunterstützungen in Abhängigkeit ihrer sozio-ökonomischen Position variieren und 2) wie wichtig diese Formen der Unterstützung für soziale Disparitäten in den mathematischen Kompetenzen und den frühen Lesefähigkeiten sind. Die Erklärung schichtspezifischer Differenzen in den Lerngelegenheiten während der Schulschließung und deren Wirkung auf die Entwicklung mathematischer Kompetenzen und schriftsprachlicher Fähigkeiten rekurriert auf Theorien und Befunde zum Kulturkapital, zu häuslichen Lernumwelten, zur elterlichen Hausaufgabenunterstützung und zum „Sommerferieneffekt“, demzufolge soziale Disparitäten in der Entwicklung schulischer Fähigkeiten sich insbesondere in den Ferien, bei Abwesenheit von Schulunterricht, vergrößern.Daten der Startkohorte 1 des Nationalen Bildungspanels (NEPS), einer bundesweiten Kohortenstudie zur Entwicklung von (kognitiven) Kompetenzen und zu Bildungsverläufen von zwischen Februar und Juni 2012 geborenen Kindern, bilden die Grundlage zur Bearbeitung der beiden Forschungsfragen. Während der ersten Schulschließung befanden sich die Kinder in der zweiten Jahrgangsstufe. Im Sommer 2020 wurden die Eltern ausführlich zur Lernsituation ihres Kindes und ihren Unterstützungsleistungen während der Schulschließung befragt. Zur Vorhersage schichtspezifischer Variationen im Umfang und in der Qualität der Unterstützung sowie deren Bedeutung für das Ausmaß schichtspezifischer Differenzen in den mathematischen Kompetenzen und frühen schriftsprachlichen Fähigkeiten kommen verschiedene Regressionsverfahren zum Einsatz. Dabei werden auch Informationen aus den Elternbefragungen und Kindtestungen der beiden Jahre vor der ersten pandemiebedingten Schulschließung einbezogen.Die Projektergebnisse werden nicht nur neue Erkenntnisse zur Beschreibung der Lernsituation während der Schließung der Grundschulen im Frühjahr 2020 liefern, sondern auch zur Bedeutung von Familie und (Grund-)Schule für die Entwicklung schichtspezifischer Ungleichheiten in schulnahen Fähigkeiten. Gerade die längere Abwesenheit vom regulärem Unterricht kann Erkenntnisse liefern, ob und wie stark gezielte Lernunterstützungen, aber auch familiale Aktivitäten ohne unmittelbaren Schulbezug, Bildungsungleichheiten produzieren.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen