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Mittelalterliche Gnadenbilder in der Barockzeit im Erzbistum Köln (in den Grenzen des späten 18. Jahrhunderts)
Antragsteller
Dr. Tobias Kunz
Fachliche Zuordnung
Kunstgeschichte
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 490617940
Gegenstand des Projekts sind mittelalterliche Skulpturen und Gemälde, die in der Frühen Neuzeit im Erzbistum Köln als Gnadenbilder verehrt wurden oder denen eine wichtige Rolle innerhalb der damaligen Sakrallandschaft eingeräumt wurde. Untersucht werden ihre Neurahmungen, Kontext und Akteure ihrer Förderung sowie besonders ihre Rolle für die Ausbildung eines regionalen Selbstverständnisses in einer Zeit wirtschaftlicher und politischer Stagnation. Die barocke Inszenierung mittelalterlicher Bildwerke ist für das Rheinland bislang noch nicht untersucht worden. Ihr kommt jedoch eine weit über die Grenzen des Erzbistums hinausreichende Bedeutung für das Verständnis des Umgangs mit älteren Objekten zu, zumal die optische Gegenwart des Mittelalters in der Frühen Neuzeit in kaum einer Region so stark war wie im Erzbistum Köln. In wichtigen Kirchen der Metropole (Dom, Jesuitenkirche, St. Ursula) wurden ältere Skulpturen in Kombination mit Reliquien präsentiert und besaßen teilweise einen mit diesen vergleichbaren Status. Zudem war im Rheinland das Reframing von Bildwerken schon im späten Mittelalter ein bekanntes Phänomen. Gleichfalls um 1500 hatte sich Köln – bislang in der Forschung ebenfalls kaum beachtet – als Zentrum eines Netzwerks lokaler Bildwallfahrten etabliert. Daran knüpften die zahlreichen kleineren Wallfahrten zu mittelalterlichen Bildwerken im Zeitalter der Katholischen Reform an. Gefördert wurden sie einerseits von den Wittelsbacher Kurfürsten von Köln und den mit ihnen verwandten Herzögen von Pfalz-Neuburg, unter denen die Umgebungen der Residenzstädte Bonn, Brühl und Düsseldorf zu vorbildhaften „Sakrallandschaften“ umgestaltet wurden. An der Inszenierung älterer Bildwerke beteiligten sich aber auch Klöster und Stifte, alte wie neue. Schließlich sorgten in Bruderschaften organisierte Laien, besonders in Köln, für die Organisation der Bildwallfahrten. Das Zusammenwirken dieser Akteure, ihre Motivation und Sicht auf die älteren Objekte sollen ebenso untersucht werden wie die Frage, welche Dynamiken sich aus den persönlichen Bindungen an die Gnadenbilder entwickeln konnten. Besser als die von geistlichen Institutionen kontrollierten großen Wallfahrten zu Heiligengräbern waren die hier erstmals für Köln in den Blick genommenen kleineren Bildwallfahrten dazu geeignet, identitätsstiftend für eine komplexe Gesellschaft zu werden. Mit den Gnadenbildern stehen Objekte im Zentrum, die wissenschaftlich oft wenig Beachtung gefunden haben, da sie durch spätere Überfassungen und Veränderungen als „entstellt“ angesehen wurden. Der technologischen Betrachtung der Werke und ihrer frühneuzeitlichen Überarbeitungen kommt daher eine besondere Rolle zu. Vor allem soll aber eine im 19. und 20. Jahrhundert durch massive Eingriffe beeinträchtigte sakrale Kulturlandschaft im frühneuzeitlichen Erzbistum Köln rekonstruiert werden, die von der substanziellen Gegenwart einer mächtigen Vergangenheit geprägt war.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen