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Verifizierung extremer elektrischer Felder in Proteinen mit Hilfe experimentell verfeinerter schwingungsspektroskopischer Karten
Antragsteller
Dr. Jacek Artur Kozuch
Fachliche Zuordnung
Physikalische Chemie von Molekülen, Flüssigkeiten und Grenzflächen, Biophysikalische Chemie
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 493270578
Schwingungsspektroskopie ist eine vielseitige Methode, die es ermöglicht physikalisch-chemische Phänomene, wie zum Beispiel elektrostatische Beiträge zu (bio)chemischen Prozessen, zu untersuchen. Ein einfaches Konzept zur Beschreibung von solchen elektrostatischen Effekten ist der lineare Schwingungs-Stark-Effekt (VSE, engl. vibrational Stark effect), der Schwingungssonden (z. B. die C=O-Streckschwingung) als Sensoren für das elektrische Feld (EF) an funktionell relevanten Stellen, z.B. in katalytischen aktiven Zentren, verwendet. Ein Meilenstein der VSE-Anwendung war der IR-spektroskopische Nachweis extremer EFs entlang reaktiver C=O-Bindungen in enzymatischen aktiven Zentren, welche Aktivierungsbarrieren über den Mechanismus der elektrostatischen Katalyse senken. Für das Modellenzym Ketosteroid Isomerase wurden spektrale Verschiebungen von -100 cm-1 beobachtet, die, basierend auf dem linearen VSE, Feldern von -140 MV/cm entsprechen. Noch höheren Verschiebungen und EFs von -140 cm-1 und -175 MV/cm wurden für TEM β-Laktamasen, die für Antibiotikaresistenzen verantwortlich sind, entdeckt. Diese EFs stellen ein hochrelevantes Maß dar, um evolutionäre Fitnesslandschaften im Kontext von Antibiotikaresistenzen oder des Designs von de novo-Enzymen zu verstehen. Eine Kritik des linearen VSE ist allerdings, dass viele andere, relevante Beiträge zu spektralen Verschiebungen, wie Polarisierbarkeit, EF-Gradienten, Dispersion, Pauli-Abstoßung, Schwingungskopplung usw. vernachlässigt werden. Das Ziel dieser Arbeit ist es, den linearen VSE für Fälle extremer Verschiebungen und EFs mit Hilfe eines experimentellen und rechnergestützten Ansatzes, der sich auf schwingungsspektroskopische Karten (VSM, engl. vibrational spectroscopic maps) zur Vorhersage von IR-Spektren aus polarisierbaren Molekulardynamik-(AMOEBA MD)-Simulation stützt, auf systematische Weise zu prüfen. VSMs modellieren Schwingungsobservablen durch semiempirische oder ‘high-level’ quantenmechanische Parametrisierungen basierend auf Wechselwirkungen mit der lokalen Umgebung. VSM-Parameter, die mit großen spektralen Verschiebungen und EFs kompatibel sind, werden für Liganden und enzymatische aktive Zentren mit Hilfe von dichtefunktionaltheoretischen Rechnungen generiert und experimentell mit der Schwingungs-Stark-Spektroskopie verfeinert. Letzteres erlaubt es elektrostatische Parameter in kontrollierten, externen elektrischen Feldern direkt zu erfassen und als experimentelle Beschränkungen für physikalisch genaue VSM-Parametrierungen zu verwenden. Die VSM wird dann verwendet, um IR-Spektren aus polarisierbaren AMOEBA MD-Simulationen von Enzym/Ligand-Komplexen vorherzusagen und experimentelle Daten (neu) interpretieren zu können. Auf diese Weise werden wir die Zuverlässigkeit des linearen VSE bei der Vorhersage extremer EFs testen und unser Verständnis von Schwingungsspektren von Molekülen in enzymatischen aktiven Zentren verfeinern.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen