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Auf Ordnungsparametern basierende Rückkopplungsmotive bei der Signalintegration und Lipidhomöostase

Antragstellerin Dr. Isabella Graf
Fachliche Zuordnung Statistische Physik, Nichtlineare Dynamik, Komplexe Systeme, Weiche und fluide Materie, Biologische Physik
Förderung Förderung von 2021 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 494077061
 
Biologische Systeme müssen schwache externe Signale wahrnehmen und darauf reagieren. Dies erfordert eine Integration von Informationen aus individuell verrauschten molekularen Sensoren. Wie können Zellen diese Informationen zusammenführen, um kohärente Entscheidungen zu treffen? Ein attraktiver Mechanismus ist die Einbettung der Sensoren in ein (thermo)dynamisches System, das kleine Änderungen externer Signale in große kooperative Änderungen des Systemverhaltens verstärkt. Eine derartige Kooperativität erfordert jedoch generell ein Einstellen der Kontrollparameter nahe an speziellen Punkten im Parameterraum, sogenannten kritischen oder Bifurkationspunkten, die Übergänge zwischen Regionen mit qualitativ unterschiedlichem Systemverhalten markieren. Im Prinzip könnte eine präzise Einstellung der Kontrollparameter etwa durch Evolution erfolgen. Für biologische Systeme, die starken Fluktuationen unterliegen, scheint dies jedoch nicht plausibel. Alternativ dazu kann eine geeignete Rückkopplung die Systeme in ihre empfindlichen, kritischen Bereiche zurückführen. In dem vorgeschlagenen Projekt analysieren wir eine Klasse von Rückkopplungsmotiven, bei der das System – anstatt den Kontrollparameter auf einen festen Wert einzustellen – eine intrinsisch kollektive Systemeigenschaft, einen Ordnungsparameter, misst und darauf mit Anpassung des Kontrollparameters reagiert. Wir untersuchen, ob derartige Motive das zugrundeliegende System automatisch in die Nähe eines kritischen Punktes bringen. Um diese Frage zu beantworten, verfolgen wir mit Methoden der theoretischen (Bio)Physik einen zweifachen Ansatz. Zuerst untersuchen wir konzeptionelle Modelle für zwei spezifische Sensorsysteme (bakterielle Chemosensorik und den Hörmechanismus im Innenohr), sowie ein System mit experimentell bestätigter Nähe zu einem thermodynamischen kritischen Punkt (die eukaryotische Plasmamembran). Mit den Erkenntnissen aus diesen qualitativ unterschiedlichen Systemen entwickeln wir dann eine allgemeine informationstheoretische Perspektive, um die Rolle des vorgeschlagenen Rückkopplungsmotivs und ihre Abhängigkeit von Charakteristika des Übergangs (Anzahl der relevanten Kontrollparameter, zugrundeliegende Universalitätsklasse) umfassender zu verstehen. Insgesamt wird unsere Analyse dazu beitragen, Prinzipien der Sensorik und der robusten Rückkopplung zu identifizieren. Es gab zum Beispiel enorme Fortschritte hinsichtlich des molekularen Verständnisses der Lipidhomöostase und die überraschende Erkenntnis, dass die Membranzusammensetzung aktiv in der Nähe eines kritischen Punktes gehalten wird, es fehlt aber eine übergeordnete Theorie. Wir hoffen, dass unsere Arbeit durch enge Zusammenarbeit mit Sarah Veatch (Universität Michigan), einer führenden Expertin auf dem Gebiet des Membranphasenverhaltens, Licht auf diese offene Frage wirft. Letztlich könnte unser Projekt nützliche Richtlinien für die synthetische Biologie und das robuste Design künstlicher hochempfindlicher Sensoren liefern.
DFG-Verfahren WBP Stipendium
Internationaler Bezug USA
 
 

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