Detailseite
Projekt Druckansicht

Das hethitische Corpus divinatorischer Texte. Digitale Edition und kulturhistorische Erschließung

Fachliche Zuordnung Ägyptische und Vorderasiatische Altertumswissenschaften
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 494541176
 
Der Divination kam im spätbronzezeitlichen Reich der Hethiter eine wichtige Rolle zu. Mit mehr als 1750 meist fragmentarisch erhaltenen Tontafeln ist das Corpus der divinatorischen Texte die drittgrößte Gruppe unter den hethitischen Schriftquellen. Die Texte dokumentieren eine Vielzahl divinatorischer Praktiken und religiöser Vorstellungen, von denen einige anatolischen Ursprungs sind, während andere aus benachbarten Regionen übernommen wurden. Historisch einzigartig sind vor allem die in großer Zahl überlieferten Orakelprotokolle. Da sie oft Fehlverhalten und Konflikte thematisieren, die ansonsten verschwiegen oder beschönigend dargestellt werden, sind sie eine äußerst wichtige Quelle sowohl für die historische Forschung als auch für das Verständnis religiöser und moralischer Vorstellungen der Hethiter. Ähnliches gilt für Orakelbriefe und Traumberichte.Von besonderer Bedeutung sind zudem die Omina mesopotamischen Ursprungs. Interessanterweise handelt es sich bei den in Hattusa gefundenen Texten um die mit Abstand größte und bedeutendste Omensammlung aus dem 2. Jt. v. Chr. und damit aus einer Periode, aus der uns nur wenige Omina aus Mesopotamien selbst überliefert sind. Die in akkadischer, hethitischer oder hurritischer Sprache verfassten Texte spiegeln die gründliche Beschäftigung der Hethiter mit der mesopotamischen Omentradition wider und geben Einblick in den Wissenstransfer zwischen verschiedenen Regionen des Alten Orients. Zusammen mit den in Syrien und Nordmesopotamien entdeckten Omina ist das aus Hattusa überlieferte Corpus ein wichtiger Baustein zur Rekonstruktion der langen Geschichte der mesopotamischen Omentraditionen, die schließlich in den kanonischen Serien des 1. Jts. v. Chr. kulminierte.Trotz ihrer zentralen Bedeutung nicht nur für die Altorientalistik, sondern auch für den Kulturvergleich sind die divinatorischen Texte der Hethiter bislang nur partiell ediert und erforscht. Unser neunjähriges Projekt zielt darauf ab, diese Forschungslücke zu schließen und das Corpus sowohl für Fachleute als auch für ein breiteres, interdisziplinäres Publikum leicht zugänglich zu machen. Dies soll durch die folgenden Schritte erreicht werden:1. eine frei zugängliche, vollständig annotierte digitale Edition des gesamten Corpus auf dem Hethitologie-Portal Mainz (HPM); 2. die Erstellung von Portalseiten als Teil des digitalen Corpus mit grundlegenden Informationen über die Thematik und die verschiedenen Texte;3. eine Reihe von Detailstudien zu verschiedenen grafischen, sprachlichen und inhaltlichen Fragestellungen;4. eine von Birgit Christiansen verfasste Monographie, die sowohl Fachleuten als auch einem breiteren Publikum einen umfassenden Einblick in die divinatorische Praxis und Überlieferung der Hethiter bieten soll.Darüber hinaus möchten wir durch die Organisation dreier interdisziplinärer Workshops den Austausch zwischen verschiedenen Disziplinen fördern und neue Wege für die kulturübergreifende Forschung erschließen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung