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Aufmerksamkeit. Wahrnehmung und Selbstbegründung von Brockes bis Nietzsche.
Antragstellerin
Professorin Dr. Barbara Thums
Fachliche Zuordnung
Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Förderung
Förderung von 2007 bis 2008
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 49742755
Aufmerksamkeit ist ein reflexiver Akt der Selbstbegründung gegenüber Identität zersetzenden Effekten der Zerstreuung sowie eine erkenntnistheoretisch fundierte Praxis der Komplexitätsreduktion und Abwehr regelloser Formen einer zerstreuten Wahrnehmung. Aufmerksamkeit ist zugleich Voraussetzung und Strategem von Wahrnehmung: Prozesse der Wahrnehmung, ihre Medialität, Prozesse der Aufmerksamkeit und Zerstreuung sowie Konstitutionen von Subjektivität sind systematisch also nicht zu trennen. Und: Aufmerksamkeitsdebatten antworten immer auf Technisierungs- und Modernisierungsprozesse. In Analysen einschlägiger Texte der deutschen Literatur des 18. und 19. Jhs. (Brockes, Thomasius, A. Bernd, G.F. Meyer, Moritz, Goethe, Novalis, Nietzsche) zeigt meine Studie, dass jene die Theoretisierungen der Aufmerksamkeit um 1900 und um 2000 strukturierende .Dialektik der Aufmerksamkeitsökonomie', die auf den Bedarf an immer mehr Information mit einem Bedarf nach Selektion der ständig anwachsenden Information antwortet, ihre Wurzeln im 18. Jahrhundert hat: Die Aufmerksamkeit - so die erste These - durchquert das naturwissenschaftliche, religiöse, medizinische, pädagogische, philosophische, ästhetische und literarische Wissen der Zeit und ist in all ihren Bezugsfeldern wesentlich auf das diätetische Theorem des Maßhaltens bzw, auf dessen Zurückweisung bezogen. Vor diesem Hintergrund - so die zweite zentrale These - strukturiert der Gegensatzzusammenhang von Aufmerksamkeit und Zerstreuung die wechselseitige Begründung von Anthropologie und Ästhetik sowie die Begründung der Anthropologie in und durch die Literatur In methodischer Hinsicht stehen die literarischen Texte im Zentrum, relevant ist jedoch ebenso ihr Wechsel Verhältnis mit kulturell prägenden und dabei nicht selten konkurrierenden Wissensformen, da sich nur so angemessen erfassen lässt, welche .anderen' Konzepte von Aufmerksamkeit und Diätetik das genuin literarische Wissen hervorbringt und wie die literarischen Texte selbst - im Hinblick auf Erzählstrukturen und Darstellungskonzepte - von diesen Kategorien her zu bestimmen sind.
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen