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Ile-Ife und der Oduduwa-Schrein in globalen Verflechtungen: Religion und Esoterik bei den Yoruba im 19. und 20. Jahrhundert

Antragstellerin Dr. Judith Bachmann
Fachliche Zuordnung Evangelische Theologie
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 499454274
 
Das Ziel des Projekts ist eine kritische Aufarbeitung der heutigen Deutungskonflikte um Ile-Ife und den Oduduwa-Schrein vor dem Hintergrund ihrer globalen Verflechtungen im 19. und 20. Jh. unter Beachtung ihrer kolonialen und postkolonialen Kontexte. Damit werden zum einen neue Perspektiven auf gegenwärtige politische Unabhängigkeitsbewegungen und die damit verbundenen gesellschaftlichen Konflikte in Nigeria möglich. Zum anderen handelt es sich um einen für die Interkulturelle Theologie und Religionswissenschaft äußerst relevanten Beitrag zur grundsätzlichen Problemstellung von Religion und afrikanischer Tradition. Für afrikanische traditionelle Praktiken herrscht die Annahme, dass ihre Einordnung als „Religion“ schwierig ist und deshalb nur bedingt möglich ist. Sie werden häufig als Ausdruck einer „Philosophie“, „Kosmologie“ oder „Tradition“ bezeichnet. Mithilfe der Quellen um Ile-Ife und den Oduduwa-Schrein können jedoch die Dynamiken in den Blick geraten, die diese Kategorisierungsschwierigkeiten historisch erst erzeugen und gleichzeitig immer wieder durchbrechen. Beide werden sowohl als Zentrum der Yoruba-Religion als auch als Zentrum eines traditionell orientierten Yoruba-Nationalismus wahrgenommen. Dabei bestehen auch in der Forschung Deutungskonflikte von Ile-Ife als Heilige Stadt, als politisch einende Ahnenstadt oder als sakrales Königtum sowie von Oduduwa als Göttin, Gott oder menschlichem Nationalhelden. Die wenigen Studien, die zu Ile-Ife und Oduduwa vorliegen, bauen jedoch bereits auf exklusiven Deutungen als „religiös“ oder „politisch“ auf. Dadurch werden insb. lokale Strategien und Interessen verdeckt, die erst zu einer Einordnung als Yoruba-Religion oder Yoruba-Nationalismus geführt haben. Durch eine kritische Aufarbeitung der schriftlichen und mündlichen Quellen zu Ile-Ife und dem Oduduwa-Schrein sollen gerade diese lokalen Interessen, die den widerstreitenden Narrativen zu Stadt und Schrein zugrunde liegen, in den Vordergrund treten. Nach jetziger Kenntnis sind für die Historisierung folgende Quellenarten heranzuziehen: Missions- und Reiseliteratur, koloniale, ethnologische, archäologische, historische Quellen, Tageszeitungen und Zeitschriften sowie Schriften aus der politischen Unabhängigkeitsbewegung. Die mündlichen Quellen sollen als Interviews im Sinne der Oral History erhoben werden. In den Quellen deutet sich nach den Vorarbeiten außerdem an, dass gerade von Seiten der einheimischen Stimmen Verbindungen zur globale Esoterik bestanden und inhaltlich Bezug auf diese genommen wurde, um die eigenen Positionen zu Ile-Ife und Oduduwa zu belegen. Dies kann plausibilisieren, warum eine Einordung als „Religion“ als so schwierig oder unpassend gilt, da insbesondere in der Esoterik darauf bestanden wird, die Grenzen von „Religion“ zu überschreiten. Natürlich müssen jedoch auch andere Arten globaler Verflechtungen, sofern sie in den Quellen zu Tage treten, ergründet werden, um eine einseitige Kontextualisierung zu vermeiden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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