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Die politische Ökonomie der Finanzierung von großskaligen Transformationen: Bilanzexterne Fiskalagenturen in Kriegen, Wiederaufbau und der Nachhaltigkeitstransformation
Antragsteller
Dr. Steffen Murau
Fachliche Zuordnung
Politikwissenschaft
Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 499921148
Die Nachhaltigkeitstransformation ist die größte Herausforderung unserer Zeit – ein politisch gewollter Umbau des physischen Kapitalstocks, um Klimaneutralität zu erreichen. Wir haben eine ungefähre Vorstellung davon, was technisch zu geschehen hat, aber eine Kernfrage ist offen: Woher soll das Geld kommen, um dies zu finanzieren? Die landläufige Antwort – die Nutzung der Triade aus Steuern, Staatsverschuldung und Zentralbankgeldschöpfung – ist unvollständig. Vielmehr muss die öffentliche Hand für diese Aufgabe die gesamte „monetäre Architektur“ mobilisieren. Die Leithypothese dieses interdisziplinären Projekts ist es, dass bilanzexterne Fiskalagenturen (off-balance-sheet fiscal agencies, OBFAs) eine entscheidende Rolle in historischen großskaligen Transformationen gespielt haben und auch am besten dafür geeignet sind, erneut eine solche Rolle in der Nachhaltigkeitstransformation zu spielen. OBFAs sind hybride halbstaatliche Institutionen, deren Aktivitäten auf eigentümliche Weise Eigenschaften von Geld- und Fiskalpolitik kombinieren. Ihre Rolle in vergangenen Transformationen ist unzureichend erforscht und verstanden. Diese Gruppe wird analysieren, wie historische großskalige Transformationen finanziert worden sind, und hierfür eine Kreditgeldtheorie auf dem neuesten Forschungsstand aus der Disziplin „Critical Macro-Finance“ anwenden. Modul I (Wirtschaftsgeschichte) beinhaltet Fallstudien darüber, wie im 20. Jahrhundert Kriege und Wiederaufbau in Großbritannien, den USA und Deutschland finanziert worden sind. Wir wollen untersuchen, wie OBFAs historische monetäre Architekturen in einem systemischen Finanzierungsprozess mobilisierten. Dabei verstehen wir diese Architekturen als Netzwerke von verschränken Bilanzentitäten, innerhalb derer OBFAs mit Staatshaushalten, Zentralbanken und privaten Institutionen wie Banken und Schattenbanken verknüpft sind. Dieser Finanzierungsprozess umfasst drei idealtypische Phasen: einleitende Bilanzexpansion; langfristige Finanzierung; und finale Kontraktion. Modul II (Internationale Politische Ökonomie) wird diese Ergebnisse mit der heutigen Zeit verknüpfen. Mit einem historischen Datensatz werden wir testen, ob der Einsatz von OBFAs eine notwendige Bedingung für die erfolgreiche Durchführung von großskaligen Transformationen ist, und untersuchen, welche Implikationen dies für die demokratische Staatsführung hat. Zudem werden wir auf Basis von historischen Best Practices einen Vorschlag erarbeiten, wie OBFAs für die Finanzierung der Nachhaltigkeitstransformation genutzt werden können. Zusammen mit Stakeholdern werden wir die Durchführbarkeit unseres Vorschlags in der heutigen monetären Architektur untersuchen. Modul III dient der Verbreitung unserer Ergebnisse. Um ein breites Publikum zu erreichen und eine hohe Wirkung zu entfalten, werden wir ein innovatives interaktives Online Tool entwickeln und ein Buch publizieren.
DFG-Verfahren
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