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Migrantische Ankunftskontexte im transregionalen Vergleich. Lokale Figurationen und unterschiedliche Kollektivgeschichten von Assyrer*innen in Deutschland und Jordanien
Antragsteller
Dr. Johannes Becker
Fachliche Zuordnung
Empirische Sozialforschung
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 507935368
Dieses komparativ angelegte Projekt untersucht die Entwicklung von Wir-Bildern, gegenseitige Nichtbeachtung oder Konflikte von länger im Ankunftskontext lebenden Migrant*innen mit einem höheren „sozialen Alter“ und neu hinzugekommenen aus der gleichen ethno-religiösen Gruppierung. Am Beispiel von assyrischen Migrant*innen vergleicht es zum einen deren Ansiedelungsgeschichten und die Einbindung in lokale Figurationen mit „Altansässigen“ und anderen migrantischen Gruppierungen. Zum anderen untersucht es die Auswirkungen von erneutem Zuzug von Mitgliedern derselben Gruppierung in denselben lokalen Ankunftskontexten. Das Projekt legt hierbei einen Fokus auf die Bedeutung unterschiedlicher Kollektivgeschichten, kollektiver Gedächtnisse sowie unterschiedlicher Nationalstaatszugehörigkeiten von bereits ansässigen und zuziehenden Migrant*innen. Die Analyse von zwei lokalen migrantischen Ankunftskontexten von Assyrer*innen in Ostwestfalen (Deutschland) und in Amman (Jordanien) steht dabei stellvertretend für Figurationen migrantischer Gruppierungen, die bis in die Gegenwart durch den Verlauf der Nationalstaatenbildung und von gewaltsamen Konflikten im Nahen Osten beeinflusst werden. In den vergangenen ca. zwei Jahrzehnten zogen assyrische Migrant*innen aus dem Irak und aus Syrien nach Ostwestfalen und Amman. Gleichzeitig gab es dort jeweils eine bereits mehrere Jahrzehnte etablierte Community von Migrant*innen, die sich als assyrisch verstehen – in Deutschland türkisch geprägt, in Jordanien arabischsprachig. Die folgenden Fragestellungen stehen im Mittelpunkt: •Inwiefern entwickeln die Mitglieder der lokalen Gruppierung von Assyrer*innen angesichts komplexer lokaler Figurationen und Zugehörigkeitsoptionen Wir-Bilder, die mit der Entstehung einer lokalen „Community“ verbunden sind? •Inwiefern kommt es durch weiteren Zuzug von Migrant*innen mit sich unterscheidenden Kollektivgeschichten zu Transformationen der Wir-Bilder und des Alltagslebens, zu Binnendifferenzierungen und Konflikten? Diese beiden Aspekte – die Bedeutung lokaler Figurationen und unterschiedliche Kollektivgeschichten – sind miteinander verbunden. Sie zeigen, welche Rolle ähnliche und unterschiedliche historische Perspektiven bei Prozessen des (Nicht-)Zusammenfindens haben und wie sich dadurch auch die Figurationen mit Mitgliedern weiterer migrantischer und altansässiger Gruppierungen ändern. Der methodische Zugang, der soziologische Biographieforschung mit der Figurationssoziologie verbindet, schärft den Blick auf sozio-historische Dimensionen des Themas und vermeidet eine atomistische Fokussierung auf eine Gruppierung. Indem das Projekt Definition, Größe und Zusammensetzung von migrantischen Gruppierungen in ihrer Dynamik begreift, leistet es einen wichtigen konzeptuellen Beitrag zu sozialen Grenzziehungsprozessen und zur Analyse interner Differenzierungen in Migrant*innengruppierungen mit einem komparativen Ansatz.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen