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"Deutsch und herrlich." Die Konstruktion einer Heimat. Deutsch-Südwestafrika 1884-1915

Subject Area Modern and Contemporary History
Term from 1998 to 2003
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 5117074
 
Im Mittelpunkt der Studie steht die Frage danach, was die Kolonialutopien, -pläne und -realisierungen über die kollektiven Welt- und Selbstdeutungen weiter Teile des deutschen Bürgertums im Kaiserreich, nämlich den Kolonialräsonierenden, aussagen. Räumlich wird diese Frage nach der "mental map" der Kolonialräsonierenden am Beispiel der Kolonie Deutsch-Südwestafrika, dem einzigen zur Besiedlung vorgesehenen Schutzgebiet, exemplifiziert, inhaltlich wird sie anhand von vier Themenschwerpunkten verfolgt: den Migrationskonzepten der Kolonialinteressierten, ihrem Erleben der afrikanischen Nator, ihren Vorstellungen über eine in Afrika aufzubauende "deutsche Kultur" und der Diskussion um "Mischehen" zwischen Deutschen und Afrikanerinnen. Analysekategorien für diesen Zugriff auf die imperialen Vorstellungswelten sind die Begriffe "Identität", verstanden als kollektive Sinnkonstruktion mit handlungsleitender Absicht, und "Kultur". Zentrale Ergebnisse der Untersuchung lauten, daß bei aller Diversität und Konkurrenz der Argumente und Ziele sich in den Kolonialdiskussionen eine kollektive Selbstidentifikation als höchst labile Nation offenbarte. Gleichwohl äußerte sich diese keineswegs als rückwärtsgewandter Antimodernismus, sondern vielmehr als Gemengelage von Zivilisationskritik und Bejahung der Moderne. Die kolonialräsonierenden Bildungsbürgerinnen markierten in und mit der Kolonialdebatte darüber hinaus ihren gesellschaftlichen Führungsanspruch, gleichzeitig vergewisserten sie sich mit ihr ihrer bürgerlichen Weltvorstellungen. Charakteristisch für den deutschen Kolonialdiskurs war daher nicht die Vorherrschaft eines vererbungswissenschaftlichen Begriffs von "Rasse", sondern die z.T. widerspruchsvolle Amalgamierung von verschiedenen Konzepten wie Nation, Rasse, Klasse, Kultur, Natur, Geschlecht. Insgesamt läßt sich das Verdikt der "Marginalität" für die deutsche Kolonialepoche im Hinblick auf das Selbstverständnis und die Weltdeutungen gerade des Bürgertums nicht länger halten.
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