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Räume der Anschauung – Topographien des Wissens. Anatomische Theater der Frühen Neuzeit zwischen Kunst, Natur und Wissenschaft

Antragstellerin Dr.-Ing. Christine Beese
Fachliche Zuordnung Kunstgeschichte
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 513527639
 
Das Projekt untersucht die Rolle Anatomischer Theater als gebauter Räume bei der Ausformung einer wissenschaftlichen Sphäre sowie bei der Durchsetzung epistemologischer Paradigmenwechsel in der Frühen Neuzeit. Im Rahmen einer diachronen Verflechtungsgeschichte werden zwanzig europäische und lateinamerikanische Anatomische Theater aus einer architektur- und medizingeschichtlichen Fortschrittsgeschichte gelöst und vor dem Hintergrund sich verschiebender Episteme neu zueinander in Bezug gesetzt. Dem Narrativ von „zentralen“ und „peripheren“ Orten der Wissenschaft wird eine Erzählung zur Seite gestellt, die das lokale Wirkpotential der Bauten hervorhebt und ihre materielle Präsenz als maßgeblichen Faktor bei der Formung und Durchsetzung von „Wissenschaft“ versteht. Vor dem Hintergrund imperialer, kolonialer, rassistischer und patriarchaler Machtansprüche und Machtausübung erhellt die Studie die Rolle Anatomischer Theater bei der Durchsetzung spezifischer Menschen- und Gesellschaftsbilder sowie eines europäischen Wissenschaftskonzeptes als universalem Welterklärungs- und Ordnungsmodell. Die gewählte diachrone Betrachtungsweise berücksichtigt historische Tiefendimensionen in Form von Spiegelungen und Resonanzen. Sie bringt somit eine Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen zum Vorschein, die gängige „Fortschritts“-Narrative von einer Vertreibung des Wundersamen, einer Verdinglichung des Leichnams, einer zunehmenden Ausgrenzung sinnlicher Erfahrung oder Durchsetzung von Öffentlichkeit in der Wissenschaft in Frage stellen. Indem die Räume nicht als rein funktionale Struktur, sondern als Resultat gestalterischer und konstruktiver Entscheidungen vor dem Hintergrund einer sich ausdifferenzierenden Kunst- und Architekturtheorie verstanden werden, lassen sich die Bedeutung des Handwerks für die neuzeitliche Wissensproduktion aufzeigen und zugleich modernistische Funktionalitäts- und Neutralitätsdiskurse historisieren.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

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