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Dynamiken der Oikeiosis. Vertrautheit und Vertrauen als Grundelemente einer intersubjektiven Anthropologie und ihre Bedeutung für die Psychopathologie

Fachliche Zuordnung Praktische Philosophie
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 513696000
 
Vertrautheit und Vertrauen bilden eine unerlässliche Grundlage des menschlichen Zusammenlebens. Vertrautheit manifestiert sich in unserer habitualisierten, affektiv-atmosphärisch geprägten Beziehung zur Umwelt, Vertrauen in unseren kommunikativen und affektiven Interaktionen. Nur auf ihrer Grundlage kann die intersubjektiv vermittelte Weltaneignung gelingen, die die für Menschen typische Entfaltung von Potentialen und Beziehungen ermöglicht, und die auch als Oikeiosis („Einhausung“) bezeichnet werden kann. Diese Basis des Zusammenlebens wird in einer zunehmend fragmentierten komplexen Lebenswelt tendenziell prekär. Daher ist es das Ziel des Forschungsprojektes, die Phänomenologie und den Zusammenhang von Vertrautheit und Vertrauen zu klären. Die Hypothese ist, dass Vertrautheit und Vertrauen in einer wechselseitigen Dynamik stehen, die für gemeinsame Sinnbildungsprozesse konstitutiv ist. In diesen Prozessen werden die Mit- und Umwelt geformt und erhalten ihre auch kultur- und milieuspezifische Signifikanz für die Interaktionspartner. Vertrautheit und Vertrauen gehen notwendig mit Vulnerabilität einher. Daher lässt sich eine gelingende von einer scheiternden Dynamik von Vertrautheit und Vertrauen unterscheiden. Die gelingende Dynamik beschreibt das Projekt als Oikeiosis. Die scheiternde tritt in Entfremdungsphänomenen (z. B. Verschwörungsmythen) bis hin zum paranoiden Wahn zu Tage, welche als Kontrastphänomene analysiert werden. Die Dynamik und Gelingensbedingungen von Vertrautheit und Vertrauen zeigen sich in kognitiven und affektiven Ausprägungen, die in zwei eng kooperierenden Teilprojekten untersucht werden sollen. (1) Das erste Teilprojekt analysiert die konstitutive Rolle von Vertrautheit und Vertrauen am Beispiel des Sprachverstehens und des gemeinsamen Weltbezuges. Dafür geht es vom Problem der radikalen Interpretation aus und analysiert die Verständnis ermöglichende Rolle von Vertrautheit und Vertrauen in kommunikativen Sinnbildungsprozessen. Kontrastierend wird der Verlust von Vertrautheit und Vertrauen im Phänomen des schizophrenen Wahns untersucht. (2) Das zweite Teilprojekt analysiert das Phänomen der affektiven Einstimmung in soziale Umwelten. Es soll gezeigt werden, dass Vertrautheit und Vertrauen in ihrer qualitativen Dimension eine notwendige Bedingung für kollektive affektive Einstellungen darstellen. Mit phänomenologisch-enaktiven Methoden soll dabei das Konzept der „affektiven Nischenkonstruktion“ fundiert werden. Kontrastierend untersucht das zweite Teilprojekt Formen kollektiver affektiver Entfremdung und Vertrauensverluste, in denen sich ein Defizit relationaler Autonomie zeigt. Methodisch stützt sich das Forschungsprojekt auf vier Säulen: (A) phänomenologische Intentionalitätsanalysen, (B) Modelle des Enaktivismus, (C) Begriffsanalysen der Sozialepistemologie und Philosophie des Geistes und (D) phänomenologische Psychopathologie.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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