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Serielle Faustkeilproduktion in Charbonnières? Eine technologische Untersuchung des regelhaften Wiederauftretens des Faustkeils im Kontext des späten Mittelpaläolithikums und dessen Implikation für das sozio-ökonomische Verhalten des Neandertalers am Beispiel der Fundstelle Charbonnières

Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 513984209
 
Im späten Mittelpaläolithikum hält das Artefakt Faustkeil wieder Einzug in das Werkzeugspektrum des paläolithischen Menschen. Bekannt sind vor allem das Moustérien de Tradition Acheuléenne (MTA) und das Moustérien à petit biface. Im vorliegenden Projekt wird das Phänomen spezialisierter Werkplätze untersucht. Im Mittelpunkt des Projektes steht die Fundstelle Charbonnières, die sich zehn Kilometer nördlich von Mâcon (Burgund) befindet. Die Fundstelle setzt sich aus mehr als zehn einzelnen Fundzonen zusammen. Charbonnières ist seit mehr 100 Jahren im Fokus von Amateurarchäologen, die hier Artefakte des Paläolithikums geborgen haben. Besonders hervorzuheben ist die enorme Menge an Faustkeilen. Bis 2021 wurden nahezu ausschließlich Oberflächenfunde untersucht. Im Sommer 2021 fand eine erste Ausgrabung der Universität Tübingen unter der Leitung von David Boysen und Harald Floss statt. Ziele der Sondage waren die Einsicht in die geologische und stratigraphische Situation der Fundstelle und die Suche nach stratifizierten und datierbaren Artefakten. Im Rahmen der Sondage wurde eine Stelle im Norden der bekannten Faustkeilkonzentration „Atelier“ ausgesucht, da diese Stelle bis dato keine invasive landwirtschaftliche Nutzung erfuhr. Ausgegraben wurde eine Fläche von 2 Quadratmetern. Hervorzuheben ist der Fund eines Faustkeils in stratifiziertem Kontext und die exzellente Erhaltung der ehemaligen paläolithischen Oberfläche. Sie besteht ausschließlich aus Rohmaterialknollen, Kernen, Produktionsabfällen, Grundformen und Werkzeugen. Insgesamt konnten mehr als 3000 lithische Objekte dokumentiert werden. Bemerkenswert ist der Erhaltungszustand der Objekte. Sie sind kantenscharf, und es finden sich keine Spuren von Verlagerung. Zusammenfassend handelt es sich hier um einen paläolithischen Werkplatz, dessen Oberfläche durch langsam akkumulierte, äolische Sedimente hervorragend konserviert wurde. Im vorliegenden Projekt wird die Fundstelle Charbonnières untersucht. Im Fokus steht zum einen die Frage der Rolle des Fundplatzes in der Region im späten Mittelpaläolithikum: Kann Charbonnières als Ort der spezialisierten Produktion von Faustkeilen angesehen werden? Hierfür wird das Material aus Charbonnières mit Artefakten aus weiteren Inventaren verglichen. In diesem Rahmen werden die technotypologischen Charakteristika der Faustkeile betrachtet. Mithilfe der für den Sommer 2022 geplanten weiteren Freilegung des paläolithischen Horizontes soll die Beschaffenheit und die Organisation des spätmittelpaläolithischen Werkplatzes analysiert werden: wie haben die Menschen im späten Mittelpaläolithikum ihre Werkplätze organisiert? Kann eine Aussage zur ungefähren Menge an produzierten Faustkeilen getroffen werden? Kann so auf die Nutzungsdauer des Werkplatzes geschlossen werden? Wie gestaltet sich die Variabilität der Faustkeile? Wie groß ist die Verbreitung von Faustkeilen, die in Charbonnières produziert wurden?
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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