Detailseite
Projekt Druckansicht

Keramiknutzung und gesellschaftliche Restauration nach dem Untergang der mykenischen Paläste: Die nordwestliche Unterstadt von Tiryns als Fallbeispiel

Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 514177427
 
Die um 1200 v.u.Z. stattfindende Zerstörung der mykenischen Paläste Mittel- und Südgriechenlands markiert einen der folgenschwersten historischen Einschnitte der frühen Geschichte Griechenlands, verschwanden doch mit den Palästen nicht nur die von den wanaktes beherrschte politische Ordnung sowie die Verwendung von Schrift und Administration, sondern auch die Errichtung von Monumentalarchitektur und die Produkte vieler kunsthandwerklicher Zweige. Ausgerechnet diejenige Fundkategorie indes, die bei Ausgrabungen am häufigsten gefunden wird, nämlich Gefäßkeramik, scheint von diesen einschneidenden Veränderungen eigentümlich unberührt geblieben zu sein. Da es sich bei der bemalten mykenischen Keramik um Tafelgeschirr handelt, das bei alltäglichen und nicht-alltäglichen kommensalen Praktiken Verwendung fand, lassen diese deutlichen Kontinuitätslinien darauf schließen, dass ein Teil der Anlässe, in welche diese Keramik eingebunden gewesen war, die Zerstörung der Paläste überdauert haben muss. Das vorliegende Forschungsvorhaben wird von dem Gedanken geleitet, dass die Kontinuität kommensaler Praktiken von Palast- zur Nachpalastzeit zu denjenigen Faktoren gehört hat, die in besonderem Maße zu dem Erfolg der besonders in Tiryns unübersehbaren Bestrebungen zu einer gesellschaftlichen Restauration nach der Zerstörung der Paläste um 1200 v.u.Z. beigetragen haben. Durch diese auf verschiedenen Ebenen einer Siedlungsgemeinschaft ausgeübten Formen sozialer Kommunikation nämlich wurde eine neue Normalität hergestellt, welche wegen der Traditionskette, in die sie sich durch die Verwendung ähnlich aussehenden Geschirrs wie in der späten Palastzeit einreihte, eine Stabilisierung und Konsolidierung gesellschaftlicher Verhältnisse begünstigt hat. Den Ansatzpunkt für die Untersuchung dieses Leitgedankens des Forschungsvorhabens bilden die Ausgrabungen in der nordwestlichen Unterstadt, deren Befunde und Funde derzeit als das Schlüsselmaterial für die Kenntnis der frühen Nachpalastzeit in ganz Mittel- und Südgriechenland gelten können. Durch die Analyse der Veränderungen in der Zusammensetzung keramischer Geschirrsätze in geschlossenen Fundkontexten des Übergangs von der Palast- zur Nachpalastzeit sollen Erkenntnisse zu der synchronen Variabilität und dem diachronen Wandel von Handlungsabläufen der Nahrungslagerung, -zubereitung und -aufnahme erzielt und Aufschlüsse über die möglichen Intentionen sozialer Akteure gewonnen werden können. Auf diese Weise sollen neue Einblicke in den Wandel kommensaler Praktiken und der ihnen zugrunde liegenden gesellschaftlichen Verhältnisse gewonnen werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung