Detailseite
Projekt Druckansicht

Grundformen der Askese. Widerständige Körperübungen und schriftlich geregelte Lebensformen als Deutungsmodelle asketischer Praktiken

Antragsteller Dr. Antonio Lucci
Fachliche Zuordnung Religionswissenschaft und Judaistik
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 515365112
 
Im Forschungsprojekt wird ausgehend von der Analyse einer Auswahl spezifischer historischer Figuren der Askese ein allgemeiner theoretischer Ansatz verfolgt, der in die Formulierung eines zweiseitigen Deutungsmodells münden soll, das die Hauptmerkmale der asketischen Praxis definiert. Die theoretische Grundannahme des Projektes besteht darin, dass es einen qualitativen Unterschied zwischen solchen asketischen Praktiken gibt, die auf die Modifikation der Subjektivität durch Körperübungen abzielen, und solchen, die die Modifikation der Subjektivität durch die Verkörperung, Aneignung und Verinnerlichung eines schriftlichen Apparats von übermittelten Regeln anstreben. Erstere sind insbesondere Praktiken, die eine Form der Dissidenz gegenüber dem eigenen Zugehörigkeitskontext zum Ausdruck bringen, während letztere zur Bildung einer organisierten community tendieren, die sich im Korpus der befolgten Regeln wiedererkennt. Das Projekt gründet dabei auf zwei miteinander verquickte Teile: einen historischen und einen theoretischen. Im historischen Teil geht es um die Analyse von drei ‚Arbeitspaketen‘, die jeweils zwei paradigmatische Strömungen bzw. Figuren der Askese vorstellen: 1. Die griechisch-römischen Askese zwischen Politik und Ethik. Exemplarisch für die asketischen Praktiken in der griechisch-römischen Welt sollen zwei philosophische Strömungen in den Blick genommen werden: der griechische Kynismus im 4. Jh. v.u.Z. sowie der römische Stoizismus im Zeitraum von 100 v.u.Z. bis 200 u.Z. 2. Die christliche Askese zwischen Körper und Schrift. Einen zweiten historisch-theoretischen Kern bildet die christliche Askese, die anhand von zwei paradigmatischen Figuren behandelt wird: Makrina d. J. (um 327-379 u.Z.) und Basilius von Caesarea (330-ca. 379 u.Z.). 3. Aspekte der Askese in der (Vor-)Moderne: Säkularisierung und Ästhetisierung. Als paradigmatische Beispiele einer säkularisierten Ästhetisierung der Askese werden das Werk "El Oráculo manual y arte de prudencia" (1647) des spanischen Jesuiten und Höflings Baltasar Gracián (1601-1658) und die englischen Schmuckeremiten des 18. und 19. Jahrhunderts analysiert. Die je in den AP erforschten beiden asketischen Formen betreffen zum einen eine Ausprägung der Askese, die v.a. auf physischen Transformationsübungen beruht, und zum anderen eine Form der Askese, die durch einen Kanon schriftlicher Regeln vermittelt und verinnerlicht wird. Die Analysen des historischen Teils münden in den theoretischen Teil des Projektes, der in der Bestimmung von strukturellen und wiederkehrenden Merkmalen der asketischen Praktiken besteht, um ein grundlegendes theoretisches Modell zu entwerfen, das es erlaubt, den Begriff und das Konzept der ‚Askese‘ von seiner Reduktion auf die in der Forschung verwendeten Bedeutungen von ‚Verzicht‘ einerseits und ‚Übung‘ andererseits zu emanzipieren.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Frankreich, Italien, Österreich, USA
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung