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Alois Riehls kritischer Realismus. Raum und Zeit als Grundlagen der Naturwissenschaft
Antragsteller
Dr. Rudolf Meer
Fachliche Zuordnung
Geschichte der Philosophie
Wissenschaftsgeschichte
Wissenschaftsgeschichte
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 521640504
Größerer Forschungskontext Alois Riehl entwickelt in seinem dreibändigen Werk „Der philosophische Kritizismus und seine Bedeutung für die positive Wissenschaft“ (1876, 1879, 1887) eine ausgereifte Philosophie des Realismus und verteidigt sie mit den Worten: „Sentio, ergo sum et est“. Obwohl die Frage nach einer bewusstseinsunabhängigen Wirklichkeit in der Wissenschaftsgeschichte und -philosophie intensiv und umfassend diskutiert wird, ist dieses Buch beinahe in Vergessenheit geraten. Hypothesen/Zielsetzung Die Fokussierung auf Riehls Revisionismus von Kants Raum- und Zeitlehre und deren Adaption für die positiven Wissenschaften ermöglicht es, den Philosophischen Kritizismus als ein problemorientiertes System zu verstehen. Dadurch lassen sich unterschiedliche Teilaspekte für eine umfassende systematische Untersuchung zusammenführen (Forschungscluster 1). Anhand konkreter wissenschaftshistorischer Probleme (insbesondere der 1860er bis 1880er Jahre) wird Riehls Raum- und Zeitlehre wissenschaftshistorisch konkretisiert – dazu zählen der Status geometrischer Axiome, die Dimensionen der Welt, die Ursache-Wirkungs-Beziehung und die Bestimmung der Grenzen von Physiologie und Psychologie (Forschungscluster 2). Daraus ergibt sich eine wissenschaftstheoretische Konzeption, in der das scheinbar anachronistische Festhalten an einem Apriorismus von Zeit und Raum einen prinzipienorientierten Empirismus und damit einen kritischen, aber qualitativen Realismus ermöglicht (Forschungscluster 3). Diese drei theoretischen Forschungscluster sowie eine Auswertung aller Quellenmaterialien bilden den Ausgangspunkt für eine kritische (nicht historisch-kritische) Neuauflage des Philosophischen Kritizismus, die im Verlag Meiner erscheinen wird (Forschungscluster 4). Methoden Im Rahmen des Projekts werden zwei Methoden kombiniert: Einerseits eine historische Kontextualisierung, anhand der Riehls Position wissenschaftshistorisch untersucht wird. Andererseits ein philologischer Ansatz, aus dem die Neuedition des Philosophischen Kritizismus entsteht. Grad der Originalität/Innovation Das Projekt stellt eine historische Kontextualisierung von Riehls kritischem Realismus dar und entwickelt diese Position als eigenständigen Standpunkt gegenüber dem Neukantianismus und Positivismus. Dabei wird die Zeit- und Raumlehre zum ersten Mal umfassend untersucht und dadurch für aktuelle Diskussionen im Rahmen der Realismus/Antirealismus-Debatten zugänglich gemacht. Im Zuge dieser Rekonstruktion wird darüber hinaus ein wissenschaftsphilosophisches Konzept erarbeitet, in dem Geschichte, Philosophie und Wissenschaft eng miteinander verknüpft sind und das eine entscheidende, aber bisher kaum beachtete Quelle wissenschaftlicher Philosophie darstellt. Mit der Neuauflage des Philosophischen Kritizismus, der internationalen Konferenz und den Zeitschriftenartikeln macht das Projekt ein beinahe vergessenes Buch wieder zugänglich – sowohl für Fachleute als auch für eine breitere Leserschaft.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen